
Neuer Premier für Serbien "Da könnte man auch 'Väterchen Frost' zum Premier machen"
Nach Monaten der Proteste gegen die serbische Regierung hat Präsident Vucic einen neuen Ministerpräsidenten ernannt. Djuro Macut hat keinerlei politische Erfahrung - aber stammt aus einem Umfeld, das Vucic besonders zu schaffen macht.
Es wirkt wie ein geschickter Schachzug von Präsident Aleksandar Vucic. Inmitten der monatelangen Studenten-Protestwelle gegen Korruption und das autoritäre politische System in Serbien macht er einen Professor der Universität Belgrad zum Premier und beauftragt ihn mit der Bildung eines neuen Regierungskabinetts.
Der 62-jährige Djuro Macut ist politisch völlig unerfahren. Er ist Professor für Innere Medizin und Endokrinologie an der Universität Belgrad und gilt als einer der führenden Endokrinologen in Serbien.
Für den autoritären serbischen Präsidenten Vucic zeichnet sich Macut wohl vor allem durch eines aus: Er hat sich immer gegen die Uni-Blockaden ausgesprochen und zeigte sich treu gegenüber Vucic. Vor etwa einem Jahr hatte er vom Präsidenten einen Orden erhalten.
Auftritt in "Caciland"
Macut schloss sich der neuen, von Vucic proklamierten "Bewegung für das Volk und den Staat" an und unterstützte ein Anti-Protestcamp gegen die Studentenbewegung, das in Serbien verächtlich "Caciland" genannt wird. Es wurde im März zur Großdemonstration in Belgrad in einem Park vor dem Präsidialamt aufgebaut, als Gegenpol.
Kritische Journalisten hatten schnell aufgedeckt, dass es sich um eine Inszenierung von Vucics Regierungspartei SNS handelt und dass viele der Campbewohner Parteifunktionäre und Fake-Studenten waren.

Ein Protestcamp gegen die Protestbewegung: In Serbien nannte man es bald "Caciland" - ein Name, der mit einem Spottbegriff für Schüler ("Daci") spielt.
Kein Verständnis für Studentenproteste
Der Medizinprofessor Macut hielt in diesem "Caciland" eine Vorlesung im Freien. Er sprach sich für ein Ende der Uni-Blockaden aus und dafür, dass die Studenten in der Öffentlichkeit schweigen sollten.
"Ich finde, Politik ist keine Sache der Universitäten. Alle Studenten sollten an ihre Fakultäten zurückkehren und sich dort intern austauschen", sagte Macut bei seinem Auftritt im Gegenprotestcamp der Regierungspartei.
Viele "echte" protestierende Studenten sehen Macut deshalb als Verräter, der ihnen und seinen Professorenkollegen in den Rücken gefallen ist und jetzt mit einem Top-Posten in der Politik belohnt wird.
"Sein Scheitern ist garantiert""
Auch aus der Opposition kommt Kritik. Der Vorsitzende der liberalen pro-europäischen "Bewegung freier Bürger", Pavle Grbovic betont, dass er zwar dem erfolgreichen Mediziner Macut seine guten Absichten nicht absprechen möchte, "aber sein Spielraum, etwas Positives zu tun, ist durch den politischen Willen der SNS-Partei begrenzt. Sein Scheitern ist garantiert", so Grbovic.
Der Vize-Vorsitzende der Liga der Sozialdemokraten der Vojvodina, Aleksandar Olenik fügte hinzu: "Dass Macut ausgewählt wurde bedeutet, dass wir weiterhin keinen echten Regierungschef, keine echte Regierung und kein echtes Parlament haben werden. Über alles entscheidet weiterhin Aleksandar Vucic. Man könnte genauso gut 'Väterchen Frost' zum Premier machen", so Olenik.
"Mann von unglaublicher Tapferkeit"
Als der Präsident Macut im Fernsehen vorstellte, als denjenigen, dem er den Regierungsbildungsauftrag erteilen würde, lobte er ihn als einen "großartigen Mann von unglaublicher Tapferkeit, mit großem Wissen und viel Einblick, auf den jeder Bürger des Landes stolz sein und über den niemand etwas schlechtes sagen kann".
Der künftige Premier Macut wollte sich noch nicht öffentlich äußern, er werde zunächst das Gespräch mit den Vertretern des Parlaments suchen, so Macut.
Das alte, vom bisherigen Premier und SNS-Parteichef, Milos Vucevic, angeführte Regierungskabinett war nach einem Skandal um eine brutale Prügelattacke zurückgetreten. In Novi Sad hatten SNS-Mitglieder Studenten angegriffen, dabei wurde eine Studentin mit einem Baseballschläger verletzt, ihr Kiefer wurde gebrochen.