Frankreichs Präsident in Deutschland Was von Macrons Staatsbesuch bleibt
Krieg und Frieden, Unabhängigkeit Europas, Wirtschaft - es ging um die ganz großen Themen beim Staatsbesuch von Frankreichs Präsidenten in Deutschland. Wo war man sich einig - und wo nicht?
Die Erwartungen an das Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron waren groß. Beide haben zuletzt immer wieder deutlich gemacht, dass sie die EU verändern und handlungsfähiger machen wollen.
Aber können sich die beiden auch auf konkrete Politik einigen?
Ein Tagungsort mit Geschichte
Das Schloss Meseberg in Brandenburg ist der ideale Ort für einen Austausch der Regierungen von Deutschland und Frankreich. Schließlich hat die wechselvolle europäische Geschichte auch hier stattgefunden.
Die Rote Armee enteignete nach dem Krieg das Anwesen und wollte es sprengen. Jahrzehnte später übernahm die Bundesregierung das Schloss und nutzt es seitdem als Gästehaus. Der erste Gast war der damalige französische Staatspräsident Jacques Chirac.
Heute heißt der französische Präsident Emmanuel Macron. Drei Tage war er zu Gast in Deutschland. Drei Tage reiste er gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier durch die Republik. Macron nahm an einem Dinner in Schloss Bellevue teil, hielt eine große Rede in Dresden und wurde mit einem Friedenspreis in Münster ausgezeichnet. Große Symbolik.
Nach der Symbolik kam die Politik
In Meseberg, zum Abschluss seines Staatsbesuchs, stand konkrete Politik im Fokus. In der Regel der schwierigere Part. Was muss Europa tun, um unabhängiger zu werden? Wie können Deutschland und Frankreich dazu beitragen, den Frieden zurück nach Europa zu bringen? Große Fragen - auf deren Beantwortung Europa sehnsüchtig wartet.
So dringlich, wie auf Antworten gewartet wird, so lang ist die Liste mit Themen, die besprochen werden müssen. Erst am Montag haben Scholz und Macron einen gemeinsamen Gastartikel in der Financial Times veröffentlicht. Tenor: Europa muss seine Souveränität stärken.
Zu wenig Zeit für alle großen Themen
Besonders bemerkenswert ist, dass in dem englischsprachigen Artikel das deutsche Wort "Zeitenwende" zu finden ist. Ein Begriff, der die Zeit nach dem russischen Angriffskrieg beschreibt und eng mit der Person Olaf Scholz verbunden ist.
Um die europäische "Zeitenwende" zu besprechen, blieb nicht viel Zeit. Zunächst kamen Scholz und Macron allein zusammen. Anschließend ergänzt durch weitere Mitglieder der jeweiligen Kabinette. Dann Pressekonferenz. Schließlich sind schöne Bilder heutzutage mindestens genauso wichtig wie verfasste Papiere.
Demonstrative Einigkeit - weitgehend
Doch die anwesenden Journalisten interessierten sich vor allem für die Punkte, in denen Deutschland und Frankreich vermeintlich unterschiedliche Positionen haben - zum Beispiel, was den Krieg in der Ukraine betrifft. Fragen, ob es der Ukraine gestattet sei, grenznahe Stellungen in Russland anzugreifen, beantworteten Macron und Scholz einhellig mit ja. Die Ukraine habe völkerrechtlich alle Möglichkeiten für das, was sie tut.
Der Kanzler wies Medienberichte zurück, laut denen Deutschland dies für gelieferte Waffensysteme untersage. Entsprechende Erklärungen habe es niemals gegeben und werde es auch nicht geben. Die bisherige Vereinbarung mit der Ukraine habe gut funktioniert, so Scholz.
Frankreich und Deutschland scheinen sich auch in anderen verteidigungspolitischen Fragen aufeinander zubewegen. Was das von Scholz ins Spiel gebrachte Raketenabwehrsystem Sky Shield anbelangt, scheint der Widerstand in Frankreich gebrochen zu sein. Macron bietet nun an, seine Atomwaffen als ergänzendes Element einzubringen.
Differenzen in Finanzierungsfragen
Die größten Differenzen gibt es nach wie vor beim Thema Wirtschaft. Was Macron und Scholz als große Agenda präsentieren, muss irgendwie finanziert werden.
Während sich Macron einen Investitionsschock für Europa wünscht, eine Verdoppelung des Investitionsbudgets, weicht Scholz an dieser Stelle aus. Womöglich weiß er, dass auch nur die Diskussion über neue Schulden seinem Ampel-Partner FDP nicht gefallen dürfte.
Stattdessen spricht Scholz von privaten Investitionen, um die gewaltigen Aufgaben finanziert zu bekommen. Für diese Privatinvestitionen müsse die EU die Rahmenbedingungen verbessern.
Kriege überschatteten Treffen
So sehr es sich Macron und Scholz möglicherweise gewünscht hätten, mehr über die gemeinsame Agenda für eine stärkere Wirtschaft zu sprechen, so sehr dominierte das Thema Krieg und Frieden die Pressekonferenz.
Neben dem Krieg in der Ukraine spielte auch der Krieg in Gaza eine größere Rolle, vor allem die jüngsten Angriffe auf die Stadt Rafah. Scholz nutzte den Moment, für einen Blick auf die eigene Geschichte, die vielleicht Hoffnung machen könnte.
Nach dem Weltkrieg ist eine Freundschaft zwischen beiden Ländern möglich gewesen. Das sei vielleicht irgendwann auch im Nahen Osten möglich.