Spanischer Regierungschef Sánchez tritt nicht zurück
Weil es Korruptionsvorwürfe gegen seine Frau gibt, hatte Spaniens Ministerpräsident Sánchez über einen Rücktritt nachgedacht. Nun hat er entschieden, im Amt zu bleiben. Die Vorwürfe sieht er als Teil einer Schmutzkampagne.
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez will nicht von seinem Amt zurücktreten. Das gab er in einer Ansprache bekannt. Er hatte am vergangenen Mittwoch überraschend angekündigt, die Regierungsgeschäfte einige Tage ruhen zu lassen, um über einen Rücktritt nachzudenken. Hintergrund sind Korruptionsvorwürfe gegen seine Frau.
"Ich habe beschlossen, mit - wenn möglich - noch mehr Kraft an der Spitze der Regierung weiterzumachen", sagte Sánchez vor dem Regierungspalast Moncloa in Madrid. Zu seiner Entscheidung, zu der er zusammen mit seiner Frau gekommen sei, hätten auch die Solidaritätskundgebungen seiner Anhänger am Wochenende in Madrid und anderen Städten beigetragen. Sánchez rief dazu auf, gegen den "Sumpf" in der Politik zu kämpfen.
Die Rede Sánchez' wurde auch in vielen Lokalen - wie hier in einer Bar in Ronda - auf Fernsehern verfolgt.
Regierungschef wertet Anzeige als Schmutzkampagne
Sánchez ist Chef der mitte-links stehenden Sozialistischen Partei und regiert das Land seit 2018 - derzeit mit einer Minderheitsregierung, die bei der Verabschiedung von Gesetzen auch auf die Unterstützung der katalanischen und baskischen Separatistenparteien angewiesen ist. Insbesondere die Entscheidung der Regierung, Hunderten katalanischen Separatisten Amnestie für ihre Beteiligung an den gescheiterten Unabhängigkeitsbestrebungen 2017 zu gewähren, hat zu Wut im rechten und konservativen Lager gesorgt.
Sánchez' Ehefrau Begoña Gómez wird laut einem Gericht in Madrid "Einflussnahme und Korruption im Geschäftsleben" im Zusammenhang mit Corona-Hilfsgeldern vorgeworfen. Die Ermittlungen gehen auf eine Anzeige der Organisation "Manos Limpias" ("Saubere Hände") zurück. Diese soll rechtsextremen Kreisen nahestehen. Aus Sicht von Sánchez ist die Anzeige Teil einer Schmutzkampagne der Rechten und Rechtsextremen.
Sánchez: Kein politisches Kalkül
Der Regierungschef hatte seit vergangenem Mittwoch alle Termine abgesagt und sich eine Art Bedenkzeit erbeten, um über seine Zukunft zu entscheiden. Die oppositionelle konservative Volkspartei sah darin einen taktischen Trick, um Unterstützung in Wahlkämpfen zu gewinnen, und bezeichnete sein Verhalten als leichtsinnig, pubertär und unwürdig.
Sánchez' Unterstützer argumentieren hingegen, seine Rücktrittsandrohung sei ein Weckruf gewesen, um gegen unbegründete Angriffe vorzugehen, die die spanische Politik vergifteten.
Ähnlich äußerte sich Sánchez nun auch in seiner Rede: Er habe "innehalten und über die wachsende Polarisierung in der Politik nachdenken" müssen, die zunehmend von gezielter Desinformation geprägt sei. "Zu lange haben wir zugelassen, dass dieser Dreck unser politisches und öffentliches Leben mit giftigen Methoden korrumpiert, die noch vor wenigen Jahren unvorstellbar waren", so Sánchez weiter. Bei seinen Gedankenspielen zu einem Rücktritt habe es sich nicht um politisches Kalkül gehandelt.
Anzeige beruht auf nicht überprüften Medienberichten
"Manos Limpias" wirft Sánchez' Ehefrau - die kein öffentliches Amt bekleidet - vor, ihren Einfluss zum geschäftlichen Vorteil genutzt zu haben. "Manos Limpias" räumte jedoch ein, die Anzeige basiere auf Medienberichten, die durchaus falsch sein könnten.
Die Gruppe hatte bereits mehrere erfolglose Klagen gegen Politiker eingereicht. Der Journalist Javier Chicote leitet das Investigativ-Ressort der konservativen Zeitung ABC. Er hat ein Buch über "Manos Limpias" geschrieben und sagt, der 82 Jahre alte "Manos Limpias"-Gründer Miguel Bernard sei ein Rechtsextremist und habe über die Jahre versucht, seine extremistische Haltung zu verbergen und sich als Demokrat auszugeben. Aber er sei "zweifelllos ein Franco-Sympathisant".
Bernard habe sogar bei den Wahlen von 1982 auf Platz 4 der Liste der Fuerza Nueva in Madrid kandidiert und für die Gewerkschaft der Partei gearbeitet, die Fuerza Nacional del Trabajo (Nationale Arbeitskraft). Deshalb sei "Manos Limpias" auch eher eine Pseudo-Gewerkschaft, deren einzige Tätigkeit darin bestanden habe, Anzeigen zu erstatten, so Chicote.
Mit Informationen von Franka Welz, ARD Madrid