Ukraine Selenskyj ersetzt Armeechef Saluschnyj
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat seinen Armeechef Saluschnyj abgesetzt. Vergangene Woche war ein Entlassungsversuch erst gescheitert. Nachfolger wird der bisherige Kommandant der Landstreitkräfte.
Fast zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinen Armeechef Walerij Saluschnyj abgesetzt. Über die Entlassung des Generals war seit Wochen spekuliert worden, weil unter anderem wegen der gescheiterten Gegenoffensive gegen Russland das Verhältnis zwischen Selenskyj und Saluschnyj als angespannt gilt.
Abgelöst werden soll dieser nun vom bisherigen Kommandanten der Landstreitkräfte Oleksandr Syrskyj. Selenskyj bat Saluschnyj, sich weiter an der Militärführung zu beteiligen.
"Neue Strategien sind nötig"
Zuvor hatte sich der Präsident mit seinem obersten Militär getroffen. "Ich habe ihm für zwei Jahre der Verteidigung gedankt", schrieb Selenskyj auf seinen Blogs in sozialen Netzwerken. "Wir haben darüber gesprochen, welche Erneuerung die ukrainischen Streitkräfte brauchen." Es sei auch darum gegangen, wie die Führung der Armee erneuert werden könne. "Die Zeit für eine Erneuerung ist jetzt."
Auch Verteidigungsminister Rustem Umjerow dankte Saluschnyj. Er schrieb aber auf Facebook, die Schlachten der Jahre 2022, 2023 und 2024 seien "unterschiedliche Realitäten". 2024 werde Veränderungen bringen. "Neue Ansätze, neue Strategien sind nötig."
Saluschnyj selbst teilte mit, er habe ein "wichtiges und ernsthaftes Gespräch" mit Selenskyj geführt und es sei entschieden worden, Taktik und Strategie an der Front zu ändern. "Die Aufgaben von 2022 unterscheiden sich von den Aufgaben von 2024. Deshalb müssen sich auch alle ändern und an die neuen Realitäten anpassen. Auch um gemeinsam zu gewinnen", schrieb er auf Telegram.
Die Streitkräfte hätten unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage seien, die Kontrolle über den Himmel zurückzugewinnen, sagte Selenskyj. Allerdings hätten sie ihre Ziele auf dem Boden im vergangenen Jahr nicht erreichen können. Es seien sofortige Reformen nötig. Nötig sei eine realistische Strategie für das Jahr 2024. Der Präsident forderte neuen Ansätze zur Mobilisierung und Rekrutierung von Soldaten.
Versuch, Saluschnyj zum Rücktritt zu drängen
In einem aufsehenerregenden Artikel für die britische Zeitschrift "The Economist" Ende vergangenen Jahres hatte der General davon geschrieben, dass der Krieg am Boden in eine Pattsituation geraten sei. Nur große Waffenlieferungen und ein Technologiesprung könnten die ukrainischen Streitkräfte wieder in die Offensive bringen. Selenskyj widersprach seinem höchsten Militär öffentlich. Auch in der Frage einer weiteren Mobilisierung von Soldaten waren die führenden Verantwortlichen für die ukrainische Kriegsführung uneins.
Bereits Ende Januar soll Selenskyj übereinstimmenden Medienberichten zufolge versucht haben, Saluschnyj zum Rücktritt zu drängen. Dieser lehnte demnach aber ab. Die Times berichtete, Selenskyj habe die Entscheidung rückgängig machen müssen - auch auf Druck der USA und Großbritanniens sowie hochrangiger Militärs.
Eigene politische Karriere?
Der 50-jährige Saluschnyj wurde wenige Monate vor dem russischen Einmarsch vom Februar 2022 Armeechef. Unter seinem Kommando hielten die ukrainischen Truppen der Invasion stand und eroberten sogar besetzte Gebiete zurück. Er war auch der Architekt der ukrainischen Sommeroffensive 2023, die aber gegen stark befestigte russische Verteidigungsanlagen kaum vorankam.
Der General gilt bei Soldaten und in der Bevölkerung als beliebt. Deshalb wurden ihm zuletzt auch politische Ambitionen nachgesagt, die er aber dementierte.