Verwirrung um Gesetzentwurf Sorge wegen russischer Pläne für Grenzen in Ostsee
In Russland gibt es möglicherweise Pläne, die Seegrenzen in der Ostsee zu verändern. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde aber wieder gelöscht. Der deutsche Verteidigungsminister Pistorius erkennt darin ein Muster.
Ein russisches Gesetzesprojekt zur möglichen Neubestimmung seiner Seegrenzen in der Ostsee hat für Verwirrung und Aufregung bei Nachbarländern gesorgt. Hintergrund ist ein am Dienstagabend in der Gesetzesdatenbank der russischen Regierung veröffentlichter Entwurf des Verteidigungsministeriums.
Darin geht es um die "Bestimmung geografischer Koordinaten" zur Festlegung der Grenzlinien in verschiedenen Teilen der Ostsee. Begründet wurde das Vorhaben damit, dass die alten noch zu Sowjetzeiten festgelegten Koordinaten ungenau seien und es nicht erlaubten, eine durchgehende Grenzlinie zu ziehen. Das Ausland reagierte alarmiert auf das mögliche Vorhaben.
Entwurf wieder verschwunden
Das Verteidigungsministerium verwies konkret auf ein Seegebiet südlich der russischen Inseln im Finnischen Meerbusen und auf Abschnitte bei den Städten Baltijsk und Selenogradsk im Gebiet Kaliningrad. Das Vorgehen erlaube es, "das entsprechende Seegebiet als russisches Binnenmeer zu nutzen", heißt es im Dokument.
Heute meldeten dagegen mehrere russische Agenturen unter Berufung auf eine Quelle in militärisch-diplomatischen Kreisen, dass es bei dem Gesetzesprojekt doch nicht um eine Ausweitung russischen Gebietes gehe. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, das Vorhaben habe keinen politischen Hintergrund.
Am Nachmittag war die Initiative schließlich ohne Angabe von Gründen aus der Gesetzesdatenbank verschwunden. Welche Bedeutung das haben könnte, ist unklar.
Pistorius erkennt russische Masche dahinter
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat die Verwirrung über das mögliche Gesetz als Teil der hybriden Kriegsführung von Russlands Präsident Wladimir Putin bezeichnet. "Wie auch immer das jetzt war oder tatsächlich ist, es scheint ein weiteres Beispiel zu sein für die durchaus perfide Art der hybriden Kriegsführung, die Putin betreibt", sagte der SPD-Politiker. "Verunsicherung, Provokation, Rücknahme, Relativierung, den Spalt dazwischen treiben, Drohen - also immer das ganze Repertoire." Dieses Muster erkenne er auch in dem jüngsten Beispiel.
Litauen und Finnland alarmiert
Bei den Nachbarstaaten schrillten dennoch die Alarmglocken. Russlands Vorgehen könne als "bewusste, gezielte und eskalierende Provokation" angesehen werden, mit der die Nachbarländer und ihre Gesellschaften eingeschüchtert werden sollen, hieß es aus dem litauischen Außenministerium.
Dies sei ein weiterer Beweis dafür, dass Russlands aggressive und revisionistische Politik eine Bedrohung für die Sicherheit der Nachbarländer und ganz Europas darstelle. Demnach soll der russische Gesandte zu einer ausführlichen Erklärung einbestellt werden. Eine Reaktion will Litauen mit seinen Partnern koordinieren.
Etwas zurückhaltender fiel die Einschätzung in Finnland aus. Dort wollen die Behörden zunächst die Informationen aus russischen Medien prüfen. "Russland hat in dieser Angelegenheit keinen Kontakt mit Finnland aufgenommen. Finnland handelt wie immer: ruhig und auf der Grundlage von Fakten", schrieb der Präsident Alexander Stubb auf X.
Außenministerin Elina Valtonen rief Russland auf, sich an die Konventionen der Vereinten Nationen und an internationales Seerecht zu halten.
Schweden warnt vor Moskaus Plänen
Schwedens Armeechef Micael Byden warnte vor Moskaus Ambitionen in der Ostsee - insbesondere mit Blick auf die schwedische Insel Gotland. "Ich bin sicher, dass Putin sogar beide Augen auf Gotland geworfen hat", sagte Byden dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Putins Ziel ist es, die Kontrolle über die Ostsee zu erlangen. Für Putin ist die Ostsee genauso wichtig, wie es für uns wichtig ist, dass sie offen und sicher bleibt."