Sanktionen und Parallelimporte Wie der Krieg den russischen Automarkt verändert
500.000 Autos sind in Russland bis Ende Juli verkauft worden - darunter viele inländische Modelle. Um diesen Trend weiter auszubauen, verhängt Russland etwa eine Recyclinggebühr für Importfahrzeuge.
Nach zweiwöchigen Betriebsferien haben mehrere russische Autobauer heute wieder ihre Fließbänder gestartet - pünktlich zur Veröffentlichung folgender Statistik: Bis Ende Juli sind in Russland knapp 500.000 Autos verkauft worden, fast ein Drittel mehr als im gleichen Zeitraum vor einem Jahr.
Jedes dritte Neufahrzeug ist ein Lada
Marktführer bleibt AvtoVAZ und belegte mit dem Lada Granta und dem Lada Vesta auch im Juli die beiden Spitzenplätze in den Top Ten der verkauften Fahrzeugmodelle. Knapp jedes dritte Neufahrzeug ist ein Lada.
Der sanktionsbedingte Produktionsstopp wegen fehlender Autoteile sei überwunden, freute sich im russischen Staatsfernsehen Andrej Karagin, Montagechef bei AvtoVAZ. "Wir konnten die Produktion wieder aufnehmen. Erst vom Lada Granta, dann vom Niva. Und dieses Jahr ging der Lada Vesta der neuen Generation in Serie."
Sanktionen haben Neuwagenmarkt verändert
Die Top Ten der Verkäufe im Juli zeigt auch, wie grundlegend sich der russische Neuwagenmarkt durch den Krieg gegen die Ukraine und die Sanktionen des Westens veränderte: Abgesehen von den Ladas auf den beiden Spitzenplätzen und zwei Niva-Modellen auf Rang sieben und acht sind dort nur Modelle chinesischer Autobauer zu finden.
Nimmt man alle Marken der jeweiligen Fahrzeughersteller zusammen, dann dominierten im Juli Lada und sechs chinesische Autobauer - darunter Geely und Chery. Die Nachfrage nach Autos made in China hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdreifacht. Platz acht bis zehn gingen an Kia und Hyundai aus Südkorea sowie Toyota.
Parallelimporte von Kia, Hyundai und Toyota
Diese drei Marken wurden nicht offiziell importiert, sondern sanktionsbedingt über Zwischenhändler in Nachbarstaaten eingeführt - ohne das Wissen der Hersteller. Parallelimport nennt sich das offiziell. Die russische Regierung hat diese Sanktionsumgehung per Verordnung abgesegnet.
So erklärt sich auch, dass VW, Opel und Fiat im Juli nach offiziellen Angaben kein einziges Fahrzeug verkauft haben, Honda exakt eins und Lexus zwei - diese Marken aber durchaus in der Zulassungsstatistik auftauchen. Über die Grau- oder Parallelimporte, die in diesem Jahr insgesamt 15 Prozent des Gesamtautomarktes ausmachen werden. So kommen auch Mercedes, BMW und VW-Fahrzeuge ins Land.
Russische Beamte sollen russische Autos fahren
Geht es nach Präsident Wladimir Putin, wird eine zuverlässige Quelle bei der Nachfrage hochwertiger westlicher Fahrzeuge trockengelegt. Am vergangenen Donnerstag sagte er: "Die Ministerien und mehrere Abteilungen haben darum gebeten, weiter im Ausland hergestellte Autos zu kaufen. Ich sagte, dass dies absolut ausgeschlossen werden sollte und dass alle Beamten des Landes inländische Autos fahren sollten."
Das wird bescheidener sein als zuvor - und das ist in Ordnung oder im Gegenteil sogar gut.
Alle Beamten müssten verstehen, "dass wir uns um die Entwicklung inländischer Marken, inländischer Autos und anderer Produkte bemühen müssen", sagte Putin weiter.
Seit August Recyclinggebühr für Importfahrzeuge
Ein praktisches Werkzeug dabei: Seit dem 1. August gilt eine deftig um das zwei- bis vierfache angehobene sogenannte Recyclinggebühr für Importfahrzeuge. Das könnte auch den Rekordabsatz der vergangenen Monate erklären. Die Gebühr wird unter anderem nach dem Hubraum berechnet. Zusätzlich zu Zollgebühren und Steuern werden pro Auto umgerechnet 3.000 bis 10.000 Euro fällig. Deshalb haben viele russische Autokäufer den Erwerb vermutlich noch schnell vorgezogen.
Weil diese Recyclinggebühr für russische Fahrzeuge nicht erhoben wird, dürften Marken wie Lada und Moskwitsch ihren Anteil am russischen Automarkt weiter ausbauen.