Rumänien Der Traum von den Mini-Akw
Was in den USA scheiterte, soll in Rumänien klappen: Dort will ein US-Unternehmen sechs Mini-Akw bauen. Die rumänische Regierung verbindet damit große Hoffnungen. Vor Ort hört man auch andere Stimmen.
Die Baustelle, auf der Mini-Atomkraftwerke entstehen sollen, liegt am Rande des 4000 Einwohner Dorfs Doicesti, 90 Kilometer nördlich von Bukarest. Früher stand hier mal ein Kohlekraftwerk, doch es wurde vor anderthalb Jahren abgerissen. Zu einem Pressetermin im März ist auch die US-amerikanische Botschafterin in Bukarest, Kathkeen Kavalec, gekommen. Denn die Technologie für die kleinen modularen Kernreaktoren liefert die amerikanische Firma NuScale.
Der rumänische Energieminister Sebastian Burduja zeigte sich vor der Presse mächtig stolz, er spricht von einem "historischen" Tag. "Rumänien hat sich viele Jahre lang daran gewöhnt, den Entwicklungen der anderen Länder keuchend hinterherzurennen. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir die Zukunft der Welt gestalten. Und die Zukunft der Energie ist diese."
Exportieren und das Klima retten
In Doicesti sollen die ersten modularen Kernreaktoren (SMR) Europas gebaut werden, sechs Stück sind geplant. Sie sind so klein, dass sie in einer Fabrik gefertigt und an den Montageort geliefert werden können. Das Ziel der rumänischen Regierung ist, Pionier auf diesem Gebiet zu sein, um das Know-how irgendwann dann auch anderen Ländern in Europa zu verkaufen.
Und Rumänien soll Vorreiter beim Kampf gegen den Klimawandel werden, wenn es nach dem Energieminister geht: "Es ist eine sichere Energie. Es ist Energie zu einem fairen Preis und es ist saubere Energie."
Umstritten: Die Sicherheit
Viele Experten sagen, dass die SMR deutlich sicherer seien als herkömmliche große Kraftwerke, so dass bei einem Atomunfall keine Evakuierungszonen mehr nötig seien. Dennoch gibt es Kritik.
Mihnea Matache von Greenpeace Bukarest hält das Projekt für riskant und gefährlich, zumal es noch keine praktischen Erfahrungen im laufenden Betrieb gibt: "Wir haben hier eine Gemeinde, und die armen Leute sind besorgt, weil hier irgendwann über Nacht ein Kernkraftwerk über ihrem Gartenzaun erscheint. Die Baustelle ist nur etwa 200 Meter vom Dorfkern entfernt."
Verunsicherung in Doicesti
Im Dorf herrscht in der Tat viel Verunsicherung. Niemand will hier seinen Namen sagen, aus Angst, Ärger mit den lokalen Behörden zu bekommen. Eine Frau zeigt auf einen Zaun, sie wohne direkt neben der Baustelle. Sie macht sich Sorgen um ihre zwei Kinder: "Ich denke, dass sie in Gefahr sein werden".
Und ein Mann betont, "jeder hier im Dorf hat Angst". Das Dorf leide ohnehin seit vielen Jahren unter Umweltverschmutzung - und jetzt solle noch ein Atomkraftwerk gebaut werden. Sein Fazit: "Sie machen Experimente an uns wie an Versuchskaninchen."
Hoffnung auf Wohlstand
Der Vizebürgermeister von Doicesti, Alin Ismail, sieht das anders, hält die Angst für unberechtigt. Er erinnert an den Widerstand, den es vor 70 Jahren gegeben habe, als in ein Kohlekraftwerk gebaut wurde - das habe Arbeitsplätze geschaffen und der Gemeinde "den größten Haushalt aller Dörfer hier" beschieden. Seit das Kraftwerk seinen Betrieb eingestellt habe, habe das Dorf viele Einnahmen verloren.
Ismail träumt davon, dass eines seiner Kinder eines Tages in den Mini-Akw arbeiten wird. Bis Ende 2029 sollen sie betriebsbereit sein - laut Plan. Bei Greenpeace Bukarest gibt es Zweifel, dass das klappt. Frühere Projekte, unter anderem in den USA, seien schon mal gescheitert - wegen Fehlkalkulationen bei den Kosten und der Zeitplanung. Eines dieser Projekte sollte im US-Bundesstaat Idaho entstehen. Entwickelt wurde es von NuScale.