
Ukraine-Gespräche in Istanbul Putin und Trump bleiben fern
Bis zuletzt hatte Russlands Präsident Putin eine Teilnahme an den Verhandlungen mit der Ukraine offen gelassen. Doch nun ist klar: Er schickt nur Berater aus der zweiten Reihe. Auch US-Präsident Trump sah vorerst von einer Reise in die Türkei ab.
Am Wochenende hatte Russlands Präsident Wladimir Putin selbst direkte Verhandlungen mit der Ukraine vorgeschlagen. Die sollen heute in der Türkei stattfinden. Der Kremlchef wird dabei aber nicht mit am Verhandlungstisch sitzen. Und auch US-Präsident Donald Trump ist zunächst nicht in die Türkei gereist.
Bis zuletzt hatte Moskau offen gelassen, wer für die russische Seite an den Verhandlungen teilnehmen wird. Noch am Mittwochvormittag hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow betont, die Entscheidung werde dann bekanntgegeben, wenn Putin die entsprechenden Anweisungen gegeben habe. Am Abend veröffentlichte der Kreml schließlich die Liste mit den Namen seiner Delegation - und enttäuschte damit Hoffnungen auf Gespräche auf höchster Ebene.
Präsidentenberater Medinski an Spitze der Delegation
Neben Putin gehört auch der russische Außenminister Sergej Lawrow nicht zu der Delegation, die für Russland verhandeln soll. Stattdessen wird sie laut Kreml von Präsidentenberater Wladimir Medinski angeführt. Der einstige Kulturminister gilt eher als politisches Leichtgewicht und wird international für die Verbreitung von Kreml-Propaganda kritisiert. So vermittelte der 54-Jährige in Schulbüchern eine unter Historikern umstrittene Sichtweise der russischen und ukrainischen Geschichte. Wissenschaftler und Kremlkritiker werfen ihm bewusste Fälschungen und Geschichtsklitterung vor.
Es ist nicht das erste Mal, dass Medinski für Russland verhandeln soll. Auch 2022 war er an den damaligen Gesprächen zur Beendigung des Krieges beteiligt, die ebenfalls in der Türkei stattfanden, aber am Ende ohne Ergebnis blieben.
Putin gibt Delegation vor Abreise Anweisungen
Neben Medinski hat Moskau den stellvertretenden Außenminister Michail Galusin und Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin in die Türkei geschickt, zudem zählt Igor Kostjukow, Leiter des russischen Militärgeheimdienstes GRU, zur Delegation. An den Gesprächen sollen des Weiteren Experten des Verteidigungsministeriums, des Generalstabs, des Außenministeriums und der Präsidialverwaltung teilnehmen.
Laut Kremlsprecher Peskow wurden den Mitglieder der Delegation noch am Mittwochabend in einer Sondersitzung von Putin Anweisungen gegeben. An dieser Sitzung hätten auch hochrangige Politiker und Berater des russischen Präsidenten teilgenommen, auch wenn diese nicht persönlich in die Türkei gereist sind. So seien Außenminister Sergej Lawrow, Verteidigungsminister Andrej Beloussow, der Chef der Nationalgarde, Viktor Solotow, der Sekretär des nationalen Sicherheitsrats, Sergej Schoigu, Generalstabschef Waleri Gerassimow und Geheimdienstchef Alexander Bortnikow dabei gewesen, zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass Peskow.
Unklarheit über Gesprächsbeginn
Die russische Delegation kam laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge am Morgen in Istanbul an. Wann die Gespräche beginnen, ist aber nach wie vor unklar. Zunächst hatte die Nachrichtenagentur Tass berichtet, die Verhandlungen würden gegen 10 Uhr Ortszeit, also 9 Uhr deutscher Zeit, im Dolmabahçe-Palast unter Ausschluss der Presse starten. Dem hatte die Ukraine jedoch widersprochen. Zunächst werde der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zusammenkommen. Für dieses Treffen ist Selenskyj inzwischen in Ankara eingetroffen. Danach werde er "über die nächsten Schritte" in Bezug auf die Waffenruhe-Gesprächen mit Russland entscheiden.
Aus dem russischen Außenministerium hieß es nun, die Gespräche würden voraussichtlich im Laufe der zweiten Tageshälfte beginnen. Die Türkei habe diesen Zeitpunkt vorgeschlagen, teilte die Sprecherin des Ministeriums, Maria Sacharowa, mit. Sie betonte, die russische Delegation sei zu "ernsthafter Arbeit" bereit, bei den Verhandlungen müsse der Fokus aber auf der "Beseitigung der Ursachen des Konflikts" liegen. Russland fordert unter anderem den Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt.
Selenskyj: Putins Krieg
Mit der Besetzung der Delegation bleibt der Kreml weit hinter der Forderung zurück, auf die der ukrainische Präsident Selenskyj immer wieder gedrängt hatte, seit Putin direkte Verhandlungen ins Spiel gebracht hatte. Nämlich dass er persönlich direkt mit dem russischen Staatschef verhandeln wolle. Es sei Putins Krieg, betonte Selenskyj mehrfach, darum werde er in der Türkei auf den Kreml-Chef warten.
Selenskyj hatte sich am Mittwochabend auf den Weg in die Türkei gemacht - und seine Forderung nach Gesprächen auf höchster Ebene relativiert. "Die Ukraine ist zu jedem Format von Verhandlungen bereit und wir haben keine Angst vor Treffen", betonte Selenskyj in einer Videobotschaft.
Moskau ignoriert Ultimatum für Waffenruhe
Auch eine weitere Forderung der Ukraine und der EU blieb unerfüllt: die einer Waffenruhe vor Beginn der Gespräche in der Türkei. Am Wochenende waren Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und Polens Regierungschef Donald Tusk in die Ukraine gereist - und hatten dem Kreml ein Ultimatum gestellt. Eine 30-tägige Waffenruhe ab Montag, sonst drohten weitere Sanktionen.
Moskau antwortete mit seinem Verhandlungsangebot, eine Waffenruhe lehnte der Kreml aber ab. Die Gespräche in der Türkei sollten ohne Vorbedingungen geführt werden.
US-Außenminister Rubio in der Türkei
Auch die USA drängen weiterhin auf eine 30-tägige Waffenruhe. Trump hatte immer wieder erklärt, den Krieg zwischen Russland und der Ukraine rasch beenden zu wollen. Bis zuletzt hatte er eine mögliche Teilnahme an den Gesprächen in der Türkei offen gelassen. Nach der Absage Putins berichtete der Sender CNN jedoch, dass auch Trump auf eine Reise in die Türkei verzichte. Der Republikaner befindet sich derzeit auf einer mehrtägigen Reise durch den Nahen Osten. In Dubai deutete Trump aber an, möglicherweise am Freitag in die Türkei zu reisen, sollte seine Teilnahme angebracht sein.
Für die US-Regierung reiste Außenminister Marco Rubio in die Türkei, zunächst allerdings zu einem Treffen der NATO-Außenminister im türkischen Küstenort Antalya. Auch die Sondergesandten Steve Witkoff und Keith Kellogg sollen die USA vertreten.
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha teilte in der Nacht mit, er habe sich bereits mit Rubio getroffen, um ihm die "Friedensvision" der Ukraine zu erläutern. Zudem sei es bei dem Gespräch um die "Abstimmung der Positionen in dieser kritischen Woche" gegangen. Rubio selbst betonte, es könne keine militärische Lösung im Ukraine-Krieg geben. Die USA stünden jedem Mechanismus offen gegenüber, der zu einem gerechten Frieden zwischen der Ukraine und Russland führen würde und wollten in den nächsten Tagen Fortschritte sehen.