Vereidigung in Moskau Putins Herrschaft - die Fünfte
Der russische Präsident Putin ist offiziell für weitere sechs Jahre vereidigt worden. Damit beginnt seine fünfte Amtszeit - und eine erneute Kandidatur wäre möglich. Viele EU-Vertreter blieben der Zeremonie in Moskau fern.
Wladimir Putin hat offiziell seine fünfte Amtszeit als Präsident Russlands angetreten. Der 71-Jährige wurde bei einer Zeremonie im Kreml in Moskau vereidigt. An der Spitze Russlands zu stehen sei eine "heilige Pflicht", sagte Putin bei der Amtseinführung.
"Gemeinsam werden wir obsiegen", fügte er hinzu. Russland werde "gestärkt" hervorgehen aus "dieser schwierigen Zeit". Er kann nun sechs weitere Jahre regieren. Gemäß einer Verfassungsreform aus dem Jahr 2020 könnte er anschließend sogar erneut kandidieren und bis 2036 an der Macht bleiben.
Die russische Oppositionsführerin im Exil und Witwe des verstorbenen Regime-Kritikers Alexej Nawalny, Julija Nawalnaja, veröffentlichte kurz vor der Zeremonie ein Video auf YouTube. Darin drängte sie Unterstützer, weiter gegen Putin zu kämpfen und bezeichnete ihn als "mörderischen Tyrannen". "Unser Land wird derzeit von einem Lügner, Dieb und Mörder geführt, aber das wird zu einem Ende kommen", sagte sie.
Viele Staaten hielten Teilnahme für unangemessen
Die Zeremonie im Moskauer Kreml war auf viele Gäste ausgelegt - neben Vertretern der Regierung und der beiden Parlamentskammern waren auch ausländische Diplomaten eingeladen. Dabei waren sich innerhalb der EU die Staaten aber offenbar alles andere als einig darüber, wie sie damit umgehen sollten. Wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf EU-Diplomaten berichtet, wollten Länder wie Frankreich, Ungarn und die Slowakei durchaus Vertreter zur Putins Vereidigung schicken, um Gesprächskanäle offenzuhalten.
Zahlreiche andere Staaten - darunter auch Deutschland - hielten eine Teilnahme angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine für unangemessen. "Deutschland wird an diesem Termin nicht teilnehmen", hatte am Montag eine Sprecherin des Auswärtigen Amts bestätigt.
Im Fall Deutschlands kommt hinzu, dass der amtierende Botschafter für Russland, Alexander Graf Lambsdorff, sich derzeit nicht in Moskau aufhält. Vor dem Hintergrund der Russland zugeschriebenen Cyberangriffe auf die SPD und zahlreiche deutsche Unternehmen, rief ihn die Bundesregierung zuletzt zu Konsultationen nach Berlin zurück. Die Regierung macht eine Einheit des russischen Militärgeheimdienstes für die Attacken verantwortlich.
Fernbleiben ein Vorwand für Putin?
Auch würde kein offizieller Vertreter der Europäischen Union bei der Zeremonie in Moskau anwesend sein, sagte ein Sprecher des Europäischen Auswärtigen Dienstes vorab. Der Außenbeauftragte Josep Borrell hatte sich zuvor gegen die Teilnahme der EU an der Veranstaltung ausgesprochen. Nach Angaben von Diplomaten gab es allerdings auch Gegenstimmen. Diese sollen unter anderem davor gewarnt haben, dass ein Fernbleiben bei der Zeremonie Russland einen Vorwand geben könnte, künftig noch mehr diplomatische Regeln und Normen zu ignorieren.
Aber nicht nur EU-Länder - auch andere Staaten wollten mit ihrem Fernbleiben in Moskau ein Zeichen setzen. "Wir werden keinen Vertreter bei seiner Amtseinführung haben", sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller. Auf die Frage, ob der Schritt bedeute, dass die USA Putin als illegitim betrachteten, sagte Miller: "Wir haben diese Wahl sicherlich nicht als frei und fair angesehen, aber er ist der Präsident Russlands und er wird dieses Amt weiterhin ausüben."
Viel Kritik an Putins Wahl
Putin führt Russland seit der Jahrtausendwende als Präsident oder Ministerpräsident. Im März hatte er sich bei einer viel kritisierten Wahl mit mehr als 87 Prozent für eine fünfte Amtszeit bestätigen lassen. Bei der Wahl wurde die Opposition weitgehend ausgeschaltet.
Die EU hatte am Ablauf der Wahl scharfe Kritik geübt. In einer Erklärung hieß es, die russische Wählerschaft habe nur sehr beschränkten Zugang zu faktischen Informationen und "keine echte Wahl" gehabt. Grund dafür sei unter anderem gewesen, dass zahlreiche Kandidatinnen und Kandidaten ausgeschlossen worden sein - darunter auch all jene, die sich gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ausgesprochen hätten.