Luis Montenegro

Vorwürfe gegen Premier Montenegro Portugal droht dritte Neuwahl in drei Jahren

Stand: 11.03.2025 11:25 Uhr

Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung steht Portugals konservative Minderheitsregierung vor dem Aus. Premierminister Montenegro wird Vorteilsnahme vorgeworfen - der geht mit einer Vertrauensfrage in die Offensive.

Noch nicht mal ein Jahr nach dem Amtsantritt von Ministerpräsident Luis Montenegro droht Portugal erneut eine vorgezogene Parlamentswahl. Die Abgeordneten der Assembleia da República, des portugiesischen Parlaments, stimmen am Abend über die vom Regierungschef gestellte Vertrauensfrage ab.

Es gilt als wahrscheinlich, dass die Abstimmung zum Sturz der konservativen Minderheitsregierung und zu einer Neuwahl führen wird, die dann vermutlich im Mai stattfinden dürfte. Denn die beiden größten Oppositionsfraktionen, die zusammen über die Hälfte der Sitze im Parlament innehaben, haben bereits angekündigt, dass sie Montenegro nicht das Vertrauen aussprechen wollen.

Es wäre die dritte vorgezogene Parlamentswahl innerhalb von drei Jahren - ein "notwendiges Übel", so Montenegro. Doch Portugal brauche eine politische Klärung und jetzt sei der richtige Moment.

Vorwürfe gegen Regierungschef erschüttern das Land

Die Krise kam durchaus überraschend, denn der einstige EU-Schuldensünder verzeichnet auch nach dem Regierungswechsel vom Frühjahr 2024 weiterhin relativ gute Wachstumsraten und eine historisch niedrige Arbeitslosigkeit bei anhaltend strikter Ausgabendisziplin. Vorwürfe über einen möglichen Interessenkonflikt durch eine Familienfirma trieben Montenegro aber zuletzt schnell in die Enge.

Die Opposition wirft dem 52-Jährigen Vorteilsnahme vor. Es geht um das Beratungs- und Immobilienunternehmen Spinumiva, das Montenegro 2021 als Anwalt gegründet hatte, bevor er ein politisches Amt innehatte. Die Firma gehöre inzwischen seiner Frau und seinen Kindern. Der Regierungschef bestreitet jede Unregelmäßigkeit.

Vermengung von Geschäften und politischem Amt?

Sein Unternehmen soll den Vorwürfen zufolge von der Position des Ministerpräsidenten profitiert haben, um Verträge mit Privatfirmen zu unterzeichnen. Mehrere portugiesische Medien hatten berichtet, das Unternehmen beziehe weiterhin Zahlungen, unter anderem von der Hotel- und Kasinokette Solverde, Zudem habe Montenegro die Solverde-Gruppe bei Verhandlungen mit einer sozialistischen Vorgängerregierung über Konzessionsverträge als Anwalt vertreten - über deren Zukunft seine heutige Regierung bald entscheiden muss.

Die Opposition hält Montenegro einen Interessenkonflikt vor. Im Rahmen der Affäre überstand Montenegro immerhin zwei Misstrauensvoten. Die Sozialisten fordern einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Montenegro setzt auf die Wahl

Montenegro setzt nun offenbar auf Rückhalt durch Portugals Wählerinnen und Wählern und forciert deshalb die Vertrauensabstimmung. Ob Montenegros Kalkül aufgeht, sich durch diesen Schritt von den Wählerinnen und Wählern womöglich eine eigene Mehrheit geben zu lassen, ist jedoch alles andere als sicher. Schon am Tag nach der Ankündigung des Premierministers war auf Lissabons Straßen Unmut zu vernehmen.

Nach einem Regierungssturz könnte Präsident Marcelo Rebelo de Sousa zwar auch einen anderen Politiker des Regierungsbündnisses Demokratische Allianz (AD) oder Oppositionsführer Pedro Nuno Santos von der Sozialistischen Partei (PS) mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen. Als wahrscheinlicher gilt aber, Rebelo werde eine Neuwahl als Lösung vorziehen.

Die vorerst letzte Parlamentswahl gab es erst am 10. März 2024, nachdem der damalige sozialistische Ministerpräsident António Costa wegen Korruptionsermittlungen gegen ihn und andere Regierungsmitglieder zurückgetreten war. Nach jetzigem Stand hat sich Costa allerdings nichts zuschulden kommen lassen. Der 63-Jährige ist inzwischen Präsident des Europäischen Rates.

Mit Informationen von Franka Welz, ARD-Studio Madrid