Ärger in Polen über Grenzkontrollen "Dann ist die Stadt völlig gelähmt"
Stundenlange Staus, weniger Touristen auf beiden Seiten: Polen ist verärgert über die deutschen Kontrollen an der Grenze. Für viele ist es reine Symbolpolitik, die nicht gegen irreguläre Migration hilft.
Grzegorz Studziński muss sich beeilen: Er hat Autoteile geladen. Die müssen nach Leipzig, sagt er, zu Porsche. Aber im Moment geht nichts. Denn Studziński steht im Stau. Bis zur Grenze bei Zgorzelec und Görlitz sind es noch sieben Kilometer - Lkw an Lkw. Denn da vorn, sagt er, kontrollieren die Deutschen.
Anderthalb Stunden früher losfahren
"Ich muss eine, anderthalb Stunden früher in der Firma losfahren, also muss ich auch zu Hause früher los", klagt der Lkw-Fahrer. "Das ist sehr umständlich. Die Verzögerungen entstehen in Deutschland, aber da müssen wir fristgerecht liefern. Das wirkt sich auf unser Unternehmen aus."
Denn wer zu spät kommt, muss Strafe zahlen. Er könne ja verstehen, dass jetzt kontrolliert werde. Aber dass Deutschland ein Problem mit Geflüchteten habe, sei doch selbst verursacht. "All das wurde von den Deutschen verursacht, all diese Missverständnisse, mit denen wir es hier zu tun haben, das ganze Durcheinander, ist von den Deutschen gemacht worden."
Bürgermeister: Reine Symbolpolitik
Rafał Gronicz hat da weniger Verständnis. Für den Bürgermeister von Zgorzelec sind die Kontrollen reine Symbolpolitik, unter der die 30.000 Menschen in seiner Stadt jetzt leiden. Die, die über die Grenze wollen, aber auch die, die sich einfach durch ihre Stadt bewegen müssen
"Im Moment geht es ja noch. Am Sonntagabend und Montagmorgen ist Zgorzelec nicht mehr passierbar. Gott bewahre, dass es auf der einen oder anderen Seite Feiertage gibt. Dann ist die Stadt völlig gelähmt. Privat lache ich über diese Kontrollen. Wenn Sie ein Stück in die eine oder andere Richtung gehen, da ist die Neiße im Sommer nämlich nur knietief."
Weniger Touristen kommen zum Shoppen
Soll heißen: Wer die Grenze überqueren will, muss dazu nicht durch die Kontrolle auf der Brücke. Aufgehalten würden vor allem Menschen aus der Grenzregion, die jetzt, um den Stau zu vermeiden, eben nicht mehr in Deutschland einkaufen.
Andersherum kommt auch weniger deutsche Kundschaft nach Zgorzelec. Deutschland heble de facto das Schengensystem aus, so Polens Premierminister Donald Tusk. Die Kritik des polnischen Europaabgeordneten Bartłomiej Sienkiewicz im europäischen Parlament war sogar noch schärfer: "Die polnische Regierung ist am Vortag über die Schließung der deutschen Grenzen informiert worden. Und zwar von den deutschen Medien. Das war einfach eine Demonstration der Arroganz."
Erinnerungen an die Pandemie
Dabei steht auch die polnische Regierung für einen harten Kurs in der Migrationspolitik. Nur solle sich Deutschland besser an der Sicherung der EU-Außengrenzen beteiligen, statt sich innerhalb der EU abzuschotten. Ihn erinnere die Situation an die Coronapandemie, sagt Gronicz, der Bürgermeister aus Zgorzelec. Damals sei die Grenze auch geschlossen worden.
"Als wir die Sperre auf der Altstadtbrücke abgebaut haben, da sind mehr Menschen gekommen als wenn Silvester an der Brücke gefeiert wird. Über 1.000 Menschen auf der polnischen Seite und gut 500 auf der deutschen haben gefeiert, dass die Sperre weg ist." Jetzt sei sie irgendwie ganz leise wieder installiert worden.