Pistorius besucht NATO-Partner "Sicherheit Litauens ist auch unsere Sicherheit"
Die Bundeswehr schütze die NATO-Partner im Baltikum - das machte Verteidigungsminister Pistorius in Litauen deutlich. Doch kann Deutschland seine NATO-Pflichten erfüllen? Neue Berichte über Ausrüstungsmängel wies Pistorius entschieden zurück.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hat einen zweitägigen Besuch in Litauen mit der Zusage einer festen militärischen Unterstützung für den Schutz des NATO-Partners begonnen. Der SPD-Politiker will heute zunächst die gemeinsame Militärübung "Griffin Lightning" auf dem Truppenübungsplatz Pabrade beobachten, bei der etwa 600 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zusammen mit dem litauischen Militär die Verteidigung des Landes gegen einen Aggressor üben.
Ab dem Nachmittag sind in der Hauptstadt Vilnius politische Gespräche mit dem litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda, Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte und Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas geplant.
Dank an deutsche Soldatinnen und Soldaten
Nach seiner Ankunft am Montagabend hatte Pistorius in Rukla Soldatinnen und Soldaten des deutschen Einsatzkontingents der NATO-Kampfgruppe Enhanced Forward Presence (EFP) getroffen. Deutschland leitet die multinationale Kampfgruppe zur Sicherung der Ostflanke der NATO und stellt auch Panzer, Panzerhaubitzen und Flugabwehrsysteme.
In Litauen sind derzeit etwa 1450 Soldaten und Soldatinnen aus Deutschland stationiert. "Wir stehen fest an der Seite unserer Partner und Freunde", sagte Pistorius in Rukla. "Die Sicherheit Litauens ist auch unsere Sicherheit, und deswegen ist dieses Engagement so wichtig."
Deutsche Kampfbrigade seit Herbst 2022 in Litauen
Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hält Deutschland seit Herbst vergangenen Jahres eine Kampfbrigade zur Verteidigung Litauens bereit. Das hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der litauische Präsident Nauseda im Juni vereinbart. Allerdings wird die Übereinkunft unterschiedlich ausgelegt. So geht die Regierung in Vilnius davon aus, dass eine komplette Brigade mit wechselnder Besetzung vor Ort in Litauen stationiert wird.
Die Bundesregierung dagegen hat wiederholt erklärt, eine kampfbereite Brigade für Litauen vorzuhalten, die teils in dem Baltenstaat und teils in Deutschland stationiert ist. Im Spannungsfall solle sie binnen zehn Tagen komplett schnell verlegbar sein.
Innenpolitische Debatte über Dauerpräsenz
Die Frage einer Dauerpräsenz sorgte in Litauen auch für innenpolitische Diskussionen. Zuletzt beharkten sich dabei vor allem Nauseda und Außenminister Gabrielius Landsbergis, der auf eine vom Staatschef brüsk zurückgewiesene nochmalige Formalisierung der Vereinbarung pochte.
In einem Interview Anfang März verglich Landsbergis die Situation mit der Brigade bildlich mit dem "Fangen eines Aals im Wasser mit bloßen Händen". Litauen müsse die Infrastruktur für die versprochene deutsche Brigade schaffen.
NATO entscheidet über Schutz an Ostflanke
Von deutscher Seite wird darauf verwiesen, dass letztlich erst die NATO eine Richtungsentscheidung darüber treffen müsse, wie der Schutz an der Ostflanke des Bündnisses aussehen sollte.
Nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 wuchs bei östlichen NATO-Partnern der Argwohn gegen Russland. Schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine verstärkte die Allianz deswegen ihre Präsenz entlang ihrer Ostflanke. Die multinational aufgestellten Verbände sollen deutlich machen, dass ein Angriff vom gesamten Bündnis erwidert würde.
Probleme bei neuen "Leopard 2"-Panzern?
Doch ist die Bundeswehr überhaupt in der Lage, ihre NATO-Verpflichtungen zu erfüllen? Daran gebe es keinen Zweifel, sagte Pistorius während seines Besuchs in Litauen und reagierte damit auf einen Bericht des ZDF-Magazins "frontal".
Dem Bericht zufolge gibt es massive Probleme bei neuen "Leopard 2"-Kampfpanzern. Das Panzerbataillon 393 der Bundeswehr, das über den modernsten "Leopard 2"-Typ A7V verfügt, müsste demnach 30 seiner 44 Kampfpanzer für die NATO bereithalten. Im Januar seien jedoch nur 17 der Panzer einsatzbereit gewesen, im Februar seien es 20 gewesen.
Auch für die kommenden Monate sehe die Lage ähnlich düster aus, hieß es weiter. Zwar sollten Panzer aus anderen Verbänden die Lücke schließen, eine verlässliche Lösung sei dies jedoch nicht. Als Ursache wurden vor allem Wartungsprobleme genannt.
Pistorius spricht von Stau bei Wartungen
"Wir haben keine Ausrüstungsmängel bei den 'Leoparden'", widersprach der Verteidigungsminister. "Wir hatten einen Stau bei der Wartung und Instandsetzung", räumte Pistorius ein, doch "der wird jetzt aufgelöst".
Die Bundeswehr sei jederzeit in der Lage gewesen, die benötigte Ausrüstung für die NATO-Eingreiftruppe zur Verfügung zu stellen. Deutschland stellt 2023 mit rund 8000 Soldatinnen und Soldaten den Kern der NATO-Speerspitze VJTF.