Prozess in Österreich Kurz bestreitet Falschaussage - und sieht sich als Opfer
Österreichs Ex-Kanzler wehrt sich vor Gericht gegen den Vorwurf der Falschaussage. Dabei geht es auch um pikante Chatnachrichten - zu denen Kurz seine eigene Interpretation liefert.
Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat im Prozess wegen des Verdachts der Falschaussage die Vorwürfe vehement bestritten.
Die von der Staatsanwaltschaft angeklagten Aussagen waren vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss im Parlament gefallen. Kurz sagte nun vor Gericht in Wien, die Atmosphäre damals sei von großer Aggressivität vonseiten der Abgeordneten geprägt gewesen: "Sie wollten mich einfach zerstören." Daher seien manche seiner Aussagen möglicherweise "nicht perfekt formuliert" gewesen.
Kurz sagte weiter, sein Einfluss bei der Berufung seines Vertrauten Thomas Schmid zum Chef der Staatsholding ÖBAG und bei der Zusammenstellung des ÖBAG-Aufsichtsrats werde von der Staatsanwaltschaft deutlich überschätzt.
Kurz und der ÖBAG-Posten
Kurz soll laut Anklage in die Top-Personalien rund um die ÖBAG entscheidend eingebunden gewesen sein. Im Untersuchungsausschuss habe er aber in mehreren Antworten den Eindruck erweckt, lediglich informiert, aber nicht involviert gewesen zu sein, so die Anklage. Sie umfasst 108 Seiten und richtet sich auch gegen zwei Vertraute von Kurz. Auch ihnen wird Falschaussage vorgeworfen. Das Verfahren gegen eine Angeklagte soll gegen die Zahlung einer Geldbuße von 104.000 Euro eingestellt werden. Gegen diese Entscheidung des Richters kann die Staatsanwaltschaft aber noch Berufung einlegen. Auf das Delikt steht eine Höchststrafe von drei Jahren Haft.
Besondere Aufmerksamkeit hatten in dem Fall auch Chatnachrichten erhalten, die sich Kurz und sein Vertrauter Schmid geschickt hatten. In denen soll Schmid sich der Anklage zufolge bei Kurz dafür bedankt haben, dass er als ÖBAG-Chef installiert wurde. Kurz schrieb an Schmid: "Kriegst eh alles, was Du willst." Darauf antwortete Schmid: "Ich liebe meinen Kanzler."
Kurz' Interpretation der Chatnachrichten
Kurz ging nun vor Gericht auf diese Nachrichten ein. Mit "Kriegst eh alles, was du willst", habe er Schmid sagen wollen: "Krieg mal den Hals voll." Denn Schmid, den Kurz als Wichtigtuer darstellte, habe noch weitere Aufsichtsratsposten haben wollen. Diese Raffgier habe Kurz mit seiner Nachricht freundlich zurückgewiesen. Schmids Antwort "Ich liebe meinen Kanzler", sei ein Scherz gewesen. Schmid habe ihn verstanden.
Kurz verwies als Beleg für sein eher überschaubares Wissen um die Vorgänge darauf, dass er erst fünf Tage nach endgültiger Berufung des neunköpfigen ÖBAG-Aufsichtsrats noch einen Kandidaten für das Gremium vorgeschlagen habe, nämlich den ehemaligen deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Wäre er wirklich intensiv eingebunden gewesen, hätte er nicht sinnlos nach bereits erfolgter Zusammenstellung des Gremiums einen Namen genannt, argumentierte der ehemalige Regierungschef.
Kurz, das Opfer?
Kurz fühlt sich ungerecht behandelt. Er habe den Verdacht, dass vor dem Gesetz eben nicht alle gleich seien, sagte er. Er kenne keinen Fall, in dem ein vergleichbarer Verdacht in einer 108-seitigen Anklage mit 30 Zeugenbefragungen münde. Er sagte, dass "so etwas nicht stattfinden würde, wäre ich nicht Bundeskanzler gewesen."
Es gilt als sicher, dass der Prozess, zunächst auf drei Tage anberaumt, mindestens noch bis Jahresende dauert.
Mit Informationen von Oliver Soos, ARD-Studio Wien