Niederländische Agrarpolitik Neue Regierung kappt Klima-Pläne
Die alte Regierung der Niederlande hatte Reformen in der Landwirtschaft gefordert, um das Klima zu schonen. Diese Pläne sind nach dem Kabinettswechsel vom Tisch - das Geld für neue Agrarkonzepte wird gestrichen.
Jeroen van Wijk ist Milchviehhalter in der Nähe von Utrecht. Gemeinsam mit seinen Kollegen in der Provinz arbeitet er seit zwei Jahren an neuen Konzepten für die Landwirtschaft. Eine Interessensgemeinschaft hat bereits konkrete Pläne entwickelt, wie der Agrarsektor nachhaltiger wirtschaften kann.
Die alte Regierung hatte solche Konzepte eingefordert, vor allem um den Stickstoffausstoß in bestimmten Regionen deutlich zu reduzieren. Dass das neue Kabinett diesen Prozess nun abrupt beendet, sieht van Wijk mit gemischten Gefühlen: "Erst mal denkst du, oh wie schön, denn in den alten Plänen gab es Punkte, die uns nicht gefallen haben. Aber wenn du etwas darüber nachdenkst, bleibt doch eine große Unsicherheit für die Zukunft - und das ist schlimm."
Etat für Klimaschutzprogramme erheblich gekürzt
Die neue Landwirtschaftsministerin Femke Wiersma von der Bauernpartei BBB hat den Etat für Klimaschutzprogramme von 24 Milliarden auf fünf Milliarden Euro reduziert. De facto wird es also keine weitreichenden Reformen im Agrarsektor geben.
Und alternative Vorschläge hat die Ministerin, die über die Kuppel-Show "Bauer sucht Frau" den Weg in die Landwirtschaft gefunden hat, auch nicht zu bieten. "Letztlich müssen Sie darauf bis zur Vorstellung des Regierungsprogramms in zwei Wochen warten. Dann stellen wir das Gesamtpaket vor. Und es wird Sie nicht überraschen, dass es darin einige Änderungen gegenüber den alten Plänen gibt", kündigte Wiersma an.
Regierung zur Senkung des Stickstoffausstoßes verpflichtet
Ganz ohne Nachhaltigkeitskonzepte wird es aber nicht gehen, denn nach einem höchstrichterlichen Beschluss ist die Regierung verpflichtet, den Stickstoffausstoß vor allem im Bereich von Naturschutzgebieten deutlich zu senken.
Den bereits eingeschlagenen Weg zu einer ökologischeren Landwirtschaft jetzt jäh zu stoppen, hält Laura Bromet vom Bündnis aus Grünen und Sozialdemokraten für Irrsinn. "Für mich ist das behördlicher Vandalismus. Denn Den Haag hatte den Provinzen aufgetragen, eine bessere Umweltpolitik zu betreiben. Und das jetzt auf halbem Wege zu stoppen, das geht einfach nicht", mahnt sie.
Selbst in den Reihen der Regierungsparteien regt sich Unmut. Thom van Campen von der konservativ-liberalen VVD, die mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Mark Rutte 14 Jahre lang den politischen Kurs im Land bestimmt hat, wundert sich über den Sinneswandel in seiner Partei: "Wir haben in den vergangenen Jahren versucht, es auf eine andere Art und Weise zu versuchen. Und jetzt gibt es Parteien, die denken, dass es anders geht. Deshalb werde ich die Ministerin fragen, welche Pläne sie hat und wie sie die Umweltziele erreichen will." Darauf sei er gespannt, so van Campen.
Neue Regierung will Pläne vorstellen
Ihre künftigen Pläne und den neuen Haushalt stellt die niederländische Regierung traditionell immer am dritten Dienstag im September vor, dem sogenannten Prinsjesdag. Und der dürfte diesmal spannender werden als in früheren Jahren.
Denn das neue Den Haager Kabinett will mit weiteren radikalen Maßnahmen aufwarten. Gerade erst wurde bekannt, dass Asylministerin Marjolein Faber die Zahlungen für die Unterbringung abgelehnter Asylbewerber zum ersten Januar des kommenden Jahres komplett einstellen wird. Das neue Rechtsbündnis macht also ernst mit dem angekündigten Kurswechsel in der niederländischen Politik.