USA und Russland Worum es im "New START"-Vertrag geht
Vor rund einem Jahr wurde er noch verlängert - nun will Russland den "New START"-Vertrag aussetzen. Worum geht es in dem Abkommen - und was bedeutet der russische Schritt für die atomare Abrüstung?
Was regelt der "New START"-Vertrag?
Im "New START"-Vertrag bekennen sich Russland und die USA zur Verringerung strategischer Waffen. Das Abkommen schreibt vor, dass die Vertragspartner die Zahl ihrer nuklearen Sprengköpfe auf maximal 1550 und die Zahl nuklearer Trägersysteme auf 800 reduzieren - von letzteren dürfen maximal 700 im Einsatz sein.
Hatte sich die Aussetzung angedeutet?
Der Schritt Russlands kommt überraschend. Anfang Februar hatte Russland noch erklärt, es wolle den Vertrag am Leben erhalten. Schon damals warf Russland aber den USA einschränkend vor, eine destruktive Haltung zu dem Abkommen zu haben. Moskau habe sich bislang vertragsgemäß an das Papier gehalten. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow reagierte damit auf Kritik aus den USA an der Aussetzung von Kontrollen durch Russland.
Wie wurde die Einhaltung kontrolliert?
Kontrolliert werden soll die Einhaltung per Satelliten- und Fernüberwachung sowie durch 18 Vor-Ort-Inspektionen pro Jahr. Seit März 2020 gab es allerdings keine Inspektionen mehr. Dies lag zunächst an internationalen Reisebeschränkungen wegen der Coronavirus-Pandemie. Im vergangenen Jahr verschob Moskau Verhandlungen über eine Wiederaufnahme der Inspektionen wegen der massiv gestiegenen Spannungen mit den USA im Zuge des Kriegs gegen die Ukraine. Moskau verwies damals auf Strafmaßnahmen gegen russische Flüge, Visabeschränkungen und andere Hürden, die den russischen Militärexperten das Reisen zu amerikanischen Nuklearwaffenanlagen unmöglich machen würden.
Gab es vorher schon ähnliche Abkommen?
"New START" ist das Folgeabkommen von "START", das Ende 2009 auslief. Im April 2010 unterzeichneten der damalige US-Präsident Barack Obama und der damalige russische Präsident Dmitri Medwedjew den zunächst für zehn Jahre gültigen Vertrag, der am 5. Februar 2011 in Kraft trat. US-Präsident Joe Biden und Kremlchef Wladimir Putin verlängerten ihn im Januar 2021 um fünf weitere Jahre.
Was bedeutet die Aussetzung?
Russland und die USA besitzen etwa 90 Prozent der Atomsprengköpfe der Welt. Beide Seiten haben in der Vergangenheit stets betont, ein Krieg zwischen Atommächten müsse um jeden Preis vermieden werden. In dieses Bekenntnis haben sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs aber andere Töne gemischt. Russlands Präsident Wladimir Putin hat mehrmals indirekt mit dem Einsatz von Atombomben gedroht, sollte sein Land in der Ukraine in Bedrängnis geraten. Wie ernsthaft diese Andeutung gemeint war, ist umstritten. Sie stellte aber so oder so eine Abkehr von der bisherigen Politik der Abschreckung dar - die darauf abzielte, einen Gegner vom Angriff mit Atomwaffen abzuhalten, weil er damit seine eigene Vernichtung riskieren würde.
Putins Agieren setzt den Einsatz von Atomwaffen erstmals in Zusammenhang mit einem Angriffskrieg - auch wenn Russland seinen Überfall auf die Ukraine als Akt der Selbstverteidigung darstellt.
Die Frage, welche Nuklearstrategie Russland und die NATO-Staaten verfolgen, steht damit wieder auf der Tagesordnung.
Auf einen anderen Aspekt wies der frühere Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hin. Er erklärte 2021 in einem Interview mit tagesschau.de die Bedeutung von Abrüstungsverträgen wie dem "New START" anlässlich seiner damals erfolgten Verlängerung so: Ohne solche Verträge wären viele nicht nuklear bewaffnete Staaten nur noch schwer zu bewegen, sich an den Atomwaffensperrvertrag und die Übereinkunft zur Nichtverbreitung von Atomwaffen zu halten. Sprich: Es könnten weitere Staaten versucht sein, auch in den Besitz von Atomwaffen zu kommen.