Nach Queen-Begräbnis Die vielen Baustellen des neuen Königs
Nach dem Staatsbegräbnis rücken für König Charles III. nun viele Baustellen in den Vordergrund: Modernisierung des Königshauses, Klima- und Umweltfragen, Knatsch in der Familie. Auch die neue britische Regierung steht vor großen Aufgaben.
Nach dem Staatsbegräbnis für die Queen kehrt für die meisten Briten der Alltag zurück. Für die Königsfamilie gilt hingegen noch eine siebentägige Trauerperiode. Doch trotz Trauerbeflaggung dürfte hinter den Palastmauern bereits an Plänen für die Zukunft geschmiedet werden - etwa wegen Vorbereitungen für die Krönung des neuen Königs Charles III. und voraussichtlich auch seiner Königsgemahlin Camilla.
Der in royalen Dingen stets gut informierte "Telegraph" geht davon aus, dass die Krönung im Frühjahr oder Sommer des kommenden Jahres stattfinden wird. Die Zeremonie werde voraussichtlich in einem sehr viel kleineren Rahmen gehalten als die Krönung seiner Mutter Elizabeth II. im Jahr 1953, schrieb das Blatt. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass Charles die Monarchie verschlanken und den Fokus auf wenige Mitglieder an der Spitze der Königsfamilie reduzieren will.
Der Palast und die Kostenfrage
Auch Geld dürfte eine Rolle spielen. Angesichts erheblich gestiegener Energiepreise und einer Inflationsrate im zweistelligen Bereich dürfte der Palast darauf aus sein, die Kosten gering zu halten. Bereits an den üppigen Trauermärschen zum Tod der Queen hatte es vereinzelt Kritik gegeben.
Beispielsweise als ein Mann in der walisischen Hauptstadt Cardiff dem neuen König entgegenrief: "Charles, während wir Schwierigkeiten haben, unsere Wohnungen zu heizen, müssen wir für Ihre Paraden bezahlen." Er wurde von einem Sicherheitsmann abgedrängt. Allein die Kosten für den Polizeieinsatz während der elftägigen Trauerfeierlichkeiten dürften enorm gewesen sein.
In den ersten Tagen nach dem Tod der Queen hatten sich viele Briten Kritik am Königshaus verbeten. Es sei nicht richtige der Zeitpunkt dafür, hörte man vielerorts. Ob das auch in den kommenden Wochen und Monaten so bleibt, muss sich erst noch erweisen.
Truss und der König - konträre Ansichten beim Klimaschutz
Doch auf Charles warten noch ganz andere Herausforderungen. So dürfte auch der Kurs der neuen britischen Premierministerin Liz Truss in Sachen Klima- und Umweltschutz und erneuerbare Energien den König vor ein Dilemma stellen. Truss wettert offen gegen Solaranlagen, während sie die Atomkraft und das umstrittene Fracking preist.
Charles, der sich seit langem für den Schutz von Umwelt und Klima stark macht, dürfte das nicht gefallen. Doch als König ist er zur unbedingten politischen Neutralität verpflichtet. Eine Tugend, die Elizabeth II. vollendet beherrschte. Bleibt Charles stumm, dürfte er viele junge Menschen gegen sich aufbringen, die ihn wegen seines Engagements unterstützen. Stellt er sich offen gegen die Regierung, dürfte er den Zorn der konservativen Boulevardpresse auf sich ziehen und damit dem Königshaus womöglich einen Bärendienst erweisen.
Die beiden Neuen im Job: Wie sich das Arbeitsverhältnis zwischen König Charles III und Premierministerin Liz Truss entwickelt, bleibt abzuwarten.
Harry will Memoiren veröffentlichen
Eine weitere Baustelle hat Charles in der eigenen Familie. Trotz warmer Worte und gemeinsamer Auftritte während der Trauerfeierlichkeiten für die Queen scheint der Streit mit seinem Sohn Prinz Harry (38) und Schwiegertochter Herzogin Meghan keineswegs beigelegt. Harry hat zudem für dieses Jahr die Veröffentlichung seiner Memoiren angekündigt, die für neuen Zündstoff sorgen dürften. Die Queen hatte bei all den Streitereien stets als Brücke fungiert, die von beiden Seiten respektiert wurde. Doch mit ihrem Tod ändert sich auch das.
Der abtrünnige Sohn und seine Ehefrau: Prinz Harry und Herzogin Meghan
Großbritannien ächzt unter extremen Energiekosten
Doch nicht nur das Königshaus bereitet sich auf viel Arbeit vor, auch die britische Politik hat mehr als genug zu tun. In der Trauerzeit hatte das Parlament pausiert - noch in dieser Woche will es wieder zusammenkommen. Ganz oben auf der Agenda steht die Frage, wie den britischen Haushalten in der sogenannten cost-of-living crisis geholfen werden kann: Vor allem die Energiekosten steigen im Land derzeit ins Extreme.
Truss hatte kurz nach ihrem Amtsantritt vor etwa zwei Wochen zwar ein Hilfspaket von bis zu 150 Milliarden Pfund angekündigt. Doch es ist unklar, wie das finanziert werden soll. Vor allem deshalb bestehe dringend Handlungsbedarf, sagte Parlamentspräsident Lindsay Hoyle. "Überall im Vereinigten Königreich ist es dieselbe Herausforderung. Es betrifft alle und ich glaube, Donnerstag ist ein guter Tag, um sich zusammenzusetzen und die Probleme anzugehen."
Ebenfalls in dieser Woche will Wirtschaftsminister Jacob Rees Mogg vorstellen, wie Unternehmen geholfen werden kann - einigen droht wegen wachsender Ausgaben die Insolvenz. Einen entsprechenden Notfall-Haushalt will Finanzminister Kwasi Kwarteng vorstellen, auch in dieser Woche.
Weitere Baustellen: Gesundheitssystem und das Nordirland-Protokoll
Zwischendrin hält die neue Gesundheitsministerin Therese Coffey ihre Antrittsrede. Thema: Das marode Gesundheitssystem. Denn der NHS mit seinen überfüllten Notaufnahmen und endlosen Wartezeiten ist das nächste Sorgenkind.
Zuvor jedoch wird Liz Truss nach New York fliegen, um an der UN-Vollversammlung teilzunehmen. Dort will sie auch das vertagte Treffen mit US-Präsident Joe Biden nachholen: Dabei könnte das Nordirland-Protokoll Thema werden. Truss erwägt, das Abkommen, das bestimmte Zollregelungen vorsieht, auszuhebeln, zum Ärger der europäischen Vertragspartner. Die USA warnten: Ein solcher Schritt könnte Gespräche über ein Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA gefährden. Seit heute ist das Vereinigte Königreich wieder in den Niederungen des Alltags angekommen.