Sexualisierte Gewalt gegen Kinder Wie weit geht die EU beim Kinderschutz?
Die EU-Kommission stellt Planungen vor, wie sexualisierte Gewalt gegen Kinder im Netz bekämpft werden kann. In diesem Zusammenhang gibt es auch Warnungen, den Datenschutz nicht zu sehr aufzuweichen.
Sie fluten das Internet: Fotos von sexuell missbrauchten Kindern und Filme mit pornografischen Darstellungen nehmen zu. Im vergangenen Jahr wurden doppelt so viele gezählt wie im Jahr zuvor. EU-Innenkommissarin Ylva Johannsson war schockiert, als sie von den Ermittlern erfuhr, dass Europa weltweit zum Drehkreuz für den Handel mit Darstellungen sexualisierter Gewalt geworden ist.
Die Schwedin empfindet es als einen Schandfleck, dass nirgends in der Welt so viel "Kinderpornografie" verbreitet wird wie in der Europäischen Union und dass die Darstellungen sexualisierter Gewalt immer extremer werden. "Fast 90 Prozent aller Websites weltweit liegen auf europäischen Servern. In der Corona-Pandemie hat der Online-Missbrauch von Kindern noch zugenommen - in Europa und in den USA."
EU will Täter identifizieren
Die Brüsseler EU-Kommissarin will Kinder besser schützen und die Täter aus der Anonymität des Internets rausholen. Die Unternehmen sollen verpflichtet werden, sexualisierte Gewalt gegen Kinder auf ihren Plattformen zu erkennen, zu melden und dann zu entfernen.
Das wird vor allem die großen Internet-Unternehmen betreffen: An erster Stelle Facebook, jetzt Meta-Konzern, der nach Erkenntnissen der Kommission allein für rund 95 Prozent der bisherigen Meldungen verantwortlich war.
Viele wichtige Details der Kommissionspläne sind noch offen, zum Beispiel ob es um ein anlassloses und automatisches Scannen aller Fotos und Nachrichten gehen soll.
"Chat-Kontrolle ist ineffektiv und illegal"
Trotzdem laufen Datenschutz-Verbände bereits Sturm. Was ist, wenn künftig etwa alle WhatsApp-Nachrichten gescannt werden? Ein weiteres Beispiel, das gern genannt wird: Wenn eine Such-Software Nacktfotos erkennt, die Erwachsene und Minderjährige sich vielleicht freiwillig geschickt haben, die aber trotzdem bei den Ermittlungsbehörden landen.
Eine automatisierte Suche wäre unverhältnismäßig, findet Patrick Breyer, der für die Piratenpartei im EU-Parlament sitzt. "Chat-Kontrolle ist, wie wenn die Post alle Briefe öffnen und scannen würde. Das ist ineffektiv und illegal. Und wer das digitale Briefgeheimnis und sichere Verschlüsselung zerstört, der zerstört Vertrauen und Vertraulichkeit, auf die wir alle angewiesen sind."
Datenschutz mit Kinderschutz in Einklang bringen
Nun ist die Piratenpartei dafür bekannt, dass sie ein Maximum an Datenschutz will. Aber im Parlament fällt auf, dass auch andere Fraktionen ihre Probleme mit den Gesetzesplänen der Kommission haben. Der FDP-Politiker Moritz Körner etwa. Er hält nichts davon, wenn Unternehmen verpflichtet werden sollten, die Kommunikation ihrer User zu überwachen, er nennt das eine staatliche Schnüffelsoftware.
Die große Herausforderung besteht darin, am Ende den Datenschutz mit dem Kinderschutz in Einklang zu bringen, sagt die CDU-Abgeordnete Lena Düpont. Aber sie spricht von einem klaren Ziel: "Es ist vollkommen klar, dass unsere Ermittlungsbehörden jedes Instrument an der Hand brauchen, um effektiv gegen diese grausamen Verbrechen vorzugehen. Denn dahinter steckt immer das Schicksal eines Kindes, das wir besser schützen können, müssen und sollen."
In jedem Fall sieht Düpont noch viel Arbeit auf Parlament und Kommission zukommen, wenn Ylva Johansson heute ihren Gesetzesentwurf vorgelegt hat.