"Fratelli d'Italia" im Wahlkampf Wie Meloni Italien führen will
Rund zwei Wochen vor den Wahlen in Italien führt in Umfragen klar die rechte Partei "Brüder Italiens". Für welche Positionen steht Parteichefin Meloni? Mit welchen Argumenten wirbt sie? Ortstermin in L'Aquila, einer Hochburg der Partei.
Im Stadtpark im Zentrum von L’Aquila, Hauptstadt der Region Abruzzen, hat Giorgia Meloni ein Heimspiel. Seit mehr als fünf Jahren wird L’Aquila von einem Bürgermeister ihrer Partei "Brüder Italiens" regiert, landesweit stellt die Rechtsaußen-Partei hier erstmals auch den Regionalpräsidenten.
Vor der großen Wahlkampfbühne warten mehrere hundert Menschen. Auch Imo Moresi ist nach Feierabend vorbeigekommen. Der 52-Jährige sagt, er wisse noch nicht, wen er wähle. Da er mit dem Bürgermeister der Brüder Italiens in L’Aquila zufrieden sei, wolle er sich jetzt auch Meloni anschauen - immerhin sei der Bürgermeister im Ort die Probleme "sehr konkret" angegangen, habe etwas für den Wiederaufbau nach dem Erdbeben 2009 getan, das Zentrum zur Zufriedenheit von Bürgern und Geschäftsleuten wiederbelebt und die öffentliche Verwaltung "in Schwung" gebracht.
Annalisa, ebenfalls aus L‘Aquila, steht mit einer Parteifahne der "Brüder Italiens" vor der Bühne. Sie wolle auf jeden Fall für Meloni stimmen, sagt sie. "Sie ist präzise, weiß, was sie will und ist immer gut vorbereitet. Und sie ist verlässlich, bleibt bei ihrer Linie. Was sie will, das bringt sie auch voran."
Das Versprechen "einer guten Regierung"
Als Meloni mit mehr als einer Stunde Verspätung auf die Bühne kommt, preist die aktuell Führende in den Umfragen L’Aquila und die Abruzzen als Modell für Italien, als ein "Symbol für gute Regierung durch die 'Brüder Italiens'".
Und ernennt die Teilnehmenden zu "Zeugen, dass wir Führungskräfte haben, die nie den Kontakt zu den Bürgern verloren haben"; verspricht, dass die "Brüder Italiens" bei der Suche nach Lösungen "mit denen reden, die von den Problemen täglich betroffen sind". So wolle die Partei auch Italien führen.
Das Image: pragmatisch, verlässlich
Bürgernah, pragmatisch, verlässlich und durchsetzungsstark: Das ist das Image, das Meloni in der Wahlkampfveranstaltung von sich transportieren will. Bislang, behauptet sie, würden Klientelismus und Parteibuch in Italien über Karrieren entscheiden.
Sie setze ein "gesundes Leistungsprinzip" dagegen - und skizziert ein Italien, in dem jeder "bekommt, was er verdient". Das zielt vor allem auf das Bildungssystem ab, die "Schule der 68er", für die laut Meloni am Ende alle gleich seien. Sie dagegen wolle "Gleichheit bei den Startchancen" - dann komme es auf den Einzelnen an, der zeigen müsse, was er kann - und dann auch etwas dafür bekomme.
Steuerhinterziehung: eine Sache von Nicht-EU-Bürgern?
Leistungsprinzip: Dieses liberal-konservative Thema mischt Meloni mit extrem rechten Thesen, zum Beispiel beim Thema Steuerhinterziehung. Ein Problem, sagt sie, sei vorrangig der Ausländer. Denn bekanntermaßen beginne der Staat seine Steuerkontrollen erst nach zweieinhalb Jahren - und zahlreiche Nicht-EU-Bürger würden ihre Geschäfte einfach schon vorher wieder schließen, "im Nichts" verschwinden und "keinen Euro" zahlen. Der Staat hole sich dagegen das Geld, das ihm andere vorenthielten, bei "Franco Rossi", dem italienischen Durchschnittsunternehmer, von dem er alle Daten habe.
Belege dafür führt sie in ihrer Rede freilich nicht an - aber leitet Positionen daraus ab: In Melonis Wahlprogramm gibt es die Forderung, künftig sollten alle Nicht-EU-Bürger in Italien einen Vorschuss an die Steuerbehörden zahlen, bevor sie ein Geschäft eröffnen dürfen.
Angriff beim Thema Migration
Beim Thema Migration wirft Meloni in ihrer Rede den Parteien der linke Mitte vor, sie hätten mit ihrer Politik dafür gesorgt, dass vor allem Drogenhändler und Prostituierte ins Land kämen. Kein Wort hingegen zu ihrer möglichen künftigen Europapolitik, auch nichts zu Wladimir Putin und seinem Krieg gegen die Ukraine.
Auf die Diskussion in Italien über ihre neofaschistischen Wurzeln versucht Meloni mit einem Scherz zu reagieren und imitiert das Geräusch eines meditierenden Mönchs: Auch sie übe sich jeden Abend in der Versenkung, mache Yoga, gehe in die Sauna - "ich mache alles, was ich machen muss, um nicht auf die Provokationen zu reagieren".
Die neofaschistischen Wurzeln der "Brüder Italiens" und ihrer Anführerin sind ein sensibler Punkt, den Meloni im Wahlkampf offensichtlich fürchtet. Am Rande der Bühne in L’Aquila versuchte ein Pressesprecher Interviews zu untersagen, weil Journalisten Vertreter der Parteijugend auch nach ihrer Meinung zum Faschismus befragen wollten.