Großbritannien Rettungsdienste streiken für mehr Geld
Tausende Beschäftigte im britischen Rettungswesen streiken für mehr Geld. Die Regierung mobilisiert Soldaten für Krankentransporte - und der Gesundheitsdienst NHS rät, sich bei Weihnachtsfeiern besser nicht zu betrinken.
Erneut streiken in Großbritannien Beschäftigte des Gesundheitssektors - diesmal auch im Rettungsdienst. 25.000 Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes NHS, darunter Rettungsfahrer und Mitarbeitende von Leitstellen und Notaufnahmen, waren zu einem 24-Stunden-Streik aufgerufen. Es ist der größte Ausstand im britischen Rettungswesen seit 30 Jahren und die Fronten sind verhärtet.
Regierung und NHS riefen die Bevölkerung auf, Vorsicht walten zu lassen, um sich nicht zu verletzen. Auf nicht notwendige Autofahrten sollte verzichtet werden, ebenso auf Kontaktsportarten. Bei Weihnachtsfeiern solle man sich nicht betrinken: "Es ist die Zeit der Partys, Vorweihnachtszeit, so habt Spaß aber werdet nicht so betrunken, dass ihr am Ende einen unnötigen Besuch in der Notaufnahme eines Krankenhauses haben müsst", sagte NHS-Direktor Stephen Powis.
Gegenseitige Vorwürfe
Die Regierung hat einige Hundert Soldaten mobilisiert, die während des Streiks als Fahrer aushelfen sollen - aber nur bei Krankentransporten, nicht bei Notfällen. Gesundheitsminister Steve Barclay warf den Gewerkschaften in der konservativen Zeitung "Telegraph" vor, sich bewusst dafür entschieden zu haben, Patienten zu schaden. Die Notfallpläne des NHS sähen vor, dass nicht mehr alle Notrufe bearbeitet würden.
Die Gewerkschaften wiesen dies scharf als "irreführend" und "im schlimmsten Fall vorsätzliche Panikmache" zurück. Akute Notfälle würden auch während des Streiks versorgt. Allerdings ist der britische Rettungsdienst auch ohne Streik überlastet, die Wartezeit für Rettungswägen sind oft deutlich länger als vorgesehen.
Rachel Harrison, Chefin der Gewerkschaft GMB, nannte Barclays Worte eine "Beleidigung" für die Beschäftigten im Rettungsdienst. Die seien zum Streik "gezwungen", weil die "Regierung Jahr für Jahr nicht auf sie gehört hat". Christina McAnea, Generalsekretärin der Gewerkschaft Unison, sagte die Regierung verhalte sich "völlig unverantwortlich". Mögliche Todesfälle aufgrund des Streiks seien alleine die Schuld der Regierung.
Beschäftigte fordern deutlich mehr Geld
Die Gewerkschaften fordern einen deutlichen Lohnzuwachs oberhalb der Inflation, die im November bei 10,7 Prozent lag. Gesundheitsminister Barclay hatte zuletzt jedoch nur vier Prozent angeboten und sich geweigert, über mehr zu verhandeln. Die Regierung verweist auf eine Tarifkommission, die eine geringere Lohnerhöhung empfohlen hatte als von den Gewerkschaften gefordert. Auch Premierminister Rishi Sunak sagte in der "Daily Mail", für Lohnerhöhungen sei im aktuellen Finanzjahr kein Geld da. Für das kommende Jahr deutete er aber ein Entgegenkommen an.
"Wir werden nicht klein beigeben", kündigte Steven Thompson von der Gewerkschaft Unite an, die die Rettungswagenbesatzungen vertritt. Es gehe darum, der Regierung zu sagen, dass die Beschäftigten eine Verschlechterung der Leistungen nicht zulassen werden. Der nächste Streik ist schon angekündigt: Am 28. Dezember wollen die Rettungsdienst-Mitarbeiter erneut die Arbeit niederlegen.
Streikwelle in Großbritannien
Bereits in den vergangenen Tagen hatten Zehntausende Pflegekräfte und Klinikpersonal des NHS gestreikt. Für die Gewerkschaft des Pflegepersonals RCN war es der erste Streik in der 106-jährigen Gewerkschaftsgeschichte. Und auch andere Berufsgruppen kämpfen für höhere Löhne: Am Freitag streiken die Grenzbeamten, von Weihnachten an Bahnbeschäftigte, auch die Postmitarbeiter streiken seit Monaten immer wieder.