Festnahme mutmaßlicher Spione Kritik an der China-Politik in Großbritannien
Nach der Festnahme zweier mutmaßlicher chinesischer Spione ist die Aufregung in London groß. Geht die Regierung Sunak zu nachsichtig mit China um? Kritik gibt es sogar aus der eigenen Partei.
Die Aufregung ist groß im britischen Politikbetrieb. Spionage im Herzen der Demokratie, mitten in Westminster, das illustriert die Verwundbarkeit und vielleicht auch die Ratlosigkeit im Umgang mit China.
Die Nachricht, dass ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Parlaments festgenommen worden ist, sei eine "ernstzunehmende Sicherheitsbedrohung", sagte Oppositionsführer Keir Starmer bei einer Debatte im Unterhaus. Der Labour-Chef machte die chinesischen Sicherheitsdienste dafür verantwortlich.
"Wir werden unsere Sicherheit verteidigen"
Die Festnahme von zwei Personen wegen des Verdachts der Spionage erfolgte bereits im März - doch der Vorfall wurde erst jetzt bekannt. Die Ermittlungen dauern an. Eine der beiden Personen, die im Parlament arbeitete, ließ mitteilen, dass sie unschuldig sei.
Auch Premierminister Rishi Sunak ging im Unterhaus auf die Medienberichte ein: "Wir werden unsere Demokratie und unsere Sicherheit verteidigen."
Doch was heißt das? Politiker der Opposition aber auch aus seiner eigenen Partei kritisieren den Premierminister, weil er aus ihrer Sicht zu wenig gegen chinesische Einflussnahme unternimmt. Gerade erst war Außenminister James Cleverly in China zu Besuch. Kritikern entgegnete er, er sei nicht glaubhaft, wenn sich Großbritannien von der zweitgrößten Wirtschaftsmacht abwende.
Kritik aus der eigenen Partei
Kritik an diesem Kurs kommt von Sir Iain Duncan Smith. Der ehemalige Parteivorsitzende der Konservativen hat eine Parlamentariergruppe zu China gegründet, in der Abgeordnete aus zahlreichen Staaten und verschiedenen Parteien zusammenkommen. Er sagte: "Wir haben ein Problem mit China, und alles, was uns beschäftigt ist, China nicht zu verärgern".
Bei seiner Argumentation hilft Duncan Smith die Nationale Sicherheitsstrategie der Regierung Sunak. Darin heißt es, China sei eine "Herausforderung" für die Sicherheit. Dies sei viel zu mild formuliert, sagte der konservative Politiker in einem Interview mit dem ARD-Studio London. China sei eine Bedrohung. Und so müsse das Vereinigte Königreich China auch begegnen:
Besonders freundlich mit China zu sein bedeutet nicht, dass wir mehr Handel betreiben können. Die USA machen es vor. Sie ziehen die Produktion von Mikroprozessoren ab, iPhones werden jetzt in Indien produziert. Mittelständische amerikanische Unternehmen ziehen sich aus China zurück.
Außerdem hätten die USA Sanktionen gegen zahlreiche Chinesen wegen Menschenrechtsverletzungen in Hongkong und wegen des "Genozids an den Uiguren" verhängt, so Duncan Smith.
Sunak für "robusten Pragmatismus"
Die britische Regierung verteidigt ihren Kurs. Immerhin werde der chinesische Konzern Huawei vom Ausbau des Mobilfunknetzes 5G ausgeschlossen und es sei verboten, TikTok-Apps auf Regierungshandys zu installieren.
Sunaks Vorgänger, Boris Johnson, hatte noch einen schärferen Kurs gegen China verfolgt. Beispielsweise hatte er ein Visa-Programm für Hongkong-Chinesen auf den Weg gebracht, für die, die das Land verlassen wollten.
Sunak kündigte im November 2022 bei Amtsantritt einen sanfteren Kurs an. Das Stichwort heißt "robuster Pragmatismus". Duncan Smith nennt diese Formulierung "absurd". Man könne nicht pragmatisch und robust zugleich sein.