Großbritannien Abschiebeflug nach Ruanda gestoppt
Der geplante britische Abschiebeflug nach Ruanda ist vorerst gestoppt worden. In einer seltenen Intervention ordnete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Aussetzung an, da "ein echtes Risiko von irreversiblem Schaden" bestehe.
In letzter Minute ist ein geplanter britischer Abschiebeflug nach Ruanda vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gestoppt worden. Es bestehe "ein echtes Risiko von irreversiblem Schaden" für die betroffenen Asylsuchenden, befand das Gericht.
Am Abend hätte der erste britische Abschiebeflug nach Ruanda abheben sollen - unabhängig von der Zahl der Menschen an Bord, wie Außenministerin Liz Truss zuvor betonte. Anwälte versuchten indes, für die dafür vorgesehenen Migranten und Flüchtlinge Fall für Fall Berufung gegen die Abschiebeentscheidungen einzulegen oder einstweilige Verfügungen zu erwirken.
Das Straßburger Gericht erklärte, die Ausweisung solle ausgesetzt werden, bis die britischen Gerichte eine endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungen getroffen haben. Dabei geht es um den Zugang der Abgeschobenen zu fairen Verfahren in Ruanda sowie die Einstufung des Landes als sicher. Diese Entscheidung ist für Juli vorgesehen.
Sie könne nicht sagen, wie viele Menschen an Bord des Fliegers sein werden, sagte Truss dem Sender Sky News, "aber das wirklich Wichtige ist, dass wir das Prinzip etablieren und damit beginnen, das Geschäftsmodell dieser entsetzlichen Menschenhändler, die mit Elend handeln, zu durchbrechen."
Zwei britische Gerichte lehnten Blockade ab
Tags zuvor hatten zwei britische Gerichte es abgelehnt, die Abschiebeflüge zu blockieren. Britische Medien berichteten, durch die juristische Gegenwehr sei die Zahl der Migranten, die am Abend abgeschoben werden sollten, bereits von 31 auf sieben reduziert worden.
Die Regierung von Premierminister Boris Johnson will Migranten in das ostafrikanische Land abschieben, die als blinde Passagiere oder mit kleinen Booten über den Ärmelkanal illegal eingereist sind. In Ruanda sollen ihre Asylanträge bearbeitet werden, und falls diese anerkannt werden, können sie dort bleiben.
London will an Ruanda-Plan festhalten
Trotz der folgenreichen Niederlage vor dem Gericht will die britische Regierung an ihrem umstrittenen Abschiebe-Plan festhalten. "Wir lassen uns nicht davon abschrecken, das Richtige zu tun und die Grenzen unserer Nation zu schützen", sagte Innenministerin Priti Patel nach der seltenen Intervention des Straßburger Gerichte.
Man arbeite nun bereits daran, den nächsten Flug vorzubereiten, ergänzte Pratel. "Ich bin enttäuscht, dass Klagen und Rechtsstreits in letzter Minute dafür gesorgt haben, dass der heutige Flug nicht abheben konnte", sagte die Innenministerin. Es sei sehr überraschend, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sich eingeschaltet habe, nachdem britische Gerichte zuvor anders entschieden hätten.
London hatte mit dem Flug seinen umstrittene Ruanda-Pakt einläuten wollen, mit dem die konservative Regierung weitere Schutzsuchende von der Einreise ins Vereinigte Königreich abschrecken will. Die Vereinten Nationen und viele andere Organisationen sehen darin einen Bruch internationalen Rechts.