Labour-Parteitag in Großbritannien Starmer muss liefern
Viele große Ziele, aber kaum Geld: Wird es Labour-Chef Starmer gelingen, seine Partei auf die bevorstehenden Regierungsaufgaben zu fokussieren? Der Parteitag in Liverpool erwartet mit Spannung seine Rede.
Fast 20.000 Besucher sind zum Labour-Parteitag nach Liverpool gekommen. Parteimitglieder, Lokalpolitiker, Abgeordnete, Regierungsmitglieder. Aber auch Lobbyisten, Journalisten und Politikberater. Julia Gillard ist unter ihnen.
Sie war von 2010 bis 2013 Premierministerin von Australien. Heute arbeitet sie für einen Thinktank. Die ehemalige Labour-Politikerin hat eine Botschaft für die neue britische Regierung. Konzentriert euch auf das Wesentliche, sagte sie bei einer Diskussionsrunde auf dem Parteitag. Denn sie kennt das: frisch ins Amt, ein schwieriges Erbe der Vorgängerregierung, so viel zu tun. Wenn man sich da nicht fokussiere, erinnere das an einen Schwimmer, der zwar wild krault, viel Wasser spritzt auf, aber er kommt einfach nicht voran.
Labours Wunschliste ist lang
Keir Starmer weiß, dass nun alle Augen auf ihn gerichtet sind. Der neue Premier muss liefern. "Change begins" – der Wandel beginnt, ist der Untertitel zum Parteitag. "Wir sind gewählt worden für den Wandel, dafür, dass es den Leuten besser geht", sagte Starmer in einem Interview mit der BBC vor ein paar Tagen.
Doch wo anfangen? Auf dem Parteitag diskutieren Ärzte und Krankenschwestern zur Krise im Gesundheitsdienst NHS. In den anderen Konferenzräumen geht es um Infrastruktur im ländlichen Raum, Klimawandel, die Misere bei der Finanzierung der Universitäten.
Nach 14 Jahren in der Opposition, exzessiven Sparbemühungen der konservativen Regierung, ist die Hoffnung auf Veränderung groß, die Wunschliste der Labour-Politiker auf allen Ebenen lang. Seit dem Wahlsieg der Sozialdemokraten sind die Umfragewerte in den Keller gerutscht und der Premier erlebt seinen ersten Skandal, es geht um teure Freikarten, gesponserte Nobelkleidung. Kann diese Regierung liefern, was so viele erhoffen?
Finanzministerin will Investitionen fördern
Gestern versuchte Finanzministerin Rachel Reeves mit ihrer Rede auf dem Parteitag den Aufbruch zu markieren: "Das ist unser Moment. Unsere Chance, zu zeigen, dass Politik einen Unterschied machen kann, dass die besten Tage für Großbritannien vor uns liegen". Die Finanzministerin wird nächsten Monat den Haushaltsplan vorlegen: "Dieser Haushalt soll das Wachstum anschieben, Investitionen fördern."
Reeves betonte, dass Großbritannien im Vergleich zu den anderen G7-Staaten derzeit am wenigsten Investitionen verzeichne. Mit einem Budget ohne finanzielle Spielräume wird sie niemandem gerecht werden können. Es fehlt Geld für versprochene Krankenhäuser, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Erziehung, Wirtschaftsförderung, Wohnungsbau.
Starmer blickt in puncto Migration nach Italien
Die Erwartungen an Labour sind auch hoch bei der Migrationspolitik. Für viele Britinnen und Briten ist das das wichtigste Thema. Gerade erst hat die Regierung das Ruanda-Modell gestoppt - zu teuer, kein einziges Flugzeug hat je abgehoben. Starmer war in Italien, traf die italienische Ministerpräsidentin Georgia Meloni. Er wollte von der rechtskonservativen Politikerin hören, was die Italiener besser machen. Zusammenarbeit mit den Ländern entlang der Fluchtrouten auf Augenhöhe, Schlepperbanden zerschlagen, lernte er dort.
Starmer sucht Lösungen, er will alles besser machen. Heute hält er die große Rede zum Abschluss des Parteitags. In der Partei wünschen sich viele eine wegweisende Rede, Optimismus, eine Vision, fokussiert, nicht mehr das Klein-Klein des Verwaltungsbeamten.
Keir Starmer krault mutig durch das Wasser. Noch ist nicht ganz klar: Kommt er schnell voran oder eher langsam?