Ukraine-Krieg Johnson verteidigt Umgang mit Geflüchteten
1,7 Millionen Menschen aus der Ukraine sind auf der Flucht, 10.000 von ihnen haben Visa für Großbritannien beantragt. 50 hat London bislang bewilligt. Frankreich findet das "etwas inhuman". Der britische Premier Johnson verteidigt sich.
Der britische Premierminister Boris Johnson hat den Umgang seiner Regierung mit Geflüchteten aus der Ukraine verteidigt. Johnson sagte, Großbritannien sei "sehr, sehr großzügig", werde aber nicht zulassen, dass "Menschen in das Vereinigte Königreich ohne jegliche Kontrolle kommen können".
Tausende Fälle müssten bearbeitet werden und die Lage verändere sich ständig, so Johnson nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus Kanada und den Niederlanden, Justin Trudeau und Mark Rutte.
50 Visa - 10.000 Anträge
London erwartet nach eigenen Angaben bis zu 200.000 Geflüchtete infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine; mehr als 10.000 Menschen haben nach offiziellen Angaben bereits britische Visa beantragt.
Nur wenige von ihnen sind allerdings bisher ins Land gekommen: Nach Angaben des Innenministeriums wurden bis Sonntag lediglich "rund 50 Visa" im Rahmen des Programms zur Familienzusammenführung ausgestellt.
"Technokratische Kleinkrämerei"
Frankreich hatte diese geringe Zahl kritisiert. Der französische Innenminister Gérard Darmanin sagte am Sonntag, Hunderte ukrainische Flüchtlinge seien in Calais von britischen Behörden abgewiesen worden, weil sie sich erst ein Visum bei den britischen Botschaften in Paris oder Brüssel besorgen müssten. Das sei "etwas inhuman", sagte Darmanin und forderte Großbritannien auf, die "technokratische Kleinkrämerei zu stoppen".
Die britische Innenministerin Priti Patel sagte, es werde niemand abgewiesen. Die Regierung bestätigte aber auch, dass es in Calais kein britisches Zentrum gebe, das Visa ausstelle.
Bislang 1,7 Millionen Geflüchtete
Seit der russischen Invasion in die Ukraine am 24. Februar sind nach UN-Angaben mehr als 1,7 Millionen Menschen aus dem Land geflohen, mehr als eine Million davon nach Polen.
Die EU-Staaten hatten sich in der vergangenen Woche auf eine vereinfachte Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine geeinigt - mithilfe der zuvor noch nie genutzten Richtlinie für den Fall eines "massenhaften Zustroms" von Vertriebenen. Die seit 2001 gültige Richtlinie zum temporären Schutz von Geflüchteten war infolge der Kriege im ehemaligen Jugoslawien beschlossen worden.
Sie sieht Schutz für zunächst ein Jahr vor, verlängerbar auf insgesamt drei Jahre. Ein langwieriges Asylverfahren ist für den Schutzstatus nicht nötig, jedoch besteht das Recht, einen Asylantrag zu stellen, weiter. Zugleich werden den Schutzsuchenden Mindeststandards wie der Zugang zu Sozialhilfe und eine Arbeitserlaubnis garantiert.