Gesetzesinitiative EU will die Medienfreiheit besser schützen
Einschüchtern, drangsalieren, mundtot machen - das passiert manchen Journalisten auch in einigen EU-Staaten. Die Kommission will die Medienfreiheit nun besser schützen. Einigen gehen die Pläne aber zu weit.
Eigentlich sollte es in der Pressekonferenz gar nicht um die ARD gehen. Deutsche Medien stehen selten im Mittelpunkt, wenn die EU-Kommission über Probleme mit der Pressefreiheit in Europa spricht.
Aber dann machte die zuständige Innenkommissarin Vera Jourova doch einen Schlenker in Richtung Deutschland und gab zu verstehen, dass sie in Brüssel sehr genau beobachtet, welche Konsequenzen aus Verschwendung von Gebührengeld wie beim rbb oder dem Verdacht der Einschränkung redaktioneller Freiheit beim NDR gezogen werden.
Jourova stellte fest, nach vielen Gesprächen und Recherchen in allen Mitgliedsländern, dass das deutsche System der Öffentlich-Rechtlichen sehr robust und auch lernfähig sei. In Deutschland würden Lehren aus Fehlentwicklungen gezogen - auch jetzt habe sie den Eindruck, dass es wohl mehr Kontrollen in der ARD geben werde.
Ungarn, Polen und Slowakei fallen regelmäßig durch
Auslöser für das neue Gesetz zum Schutz der Medien waren allerdings nicht ARD-interne Probleme, sondern die Tatsache, dass vor allem osteuropäische Regierungen Journalisten drangsalieren, die Pressefreiheit einschränken und ganze Medienkonzerne von Regierungsfreunden aufkaufen lassen.
Ungarn, Polen und die Slowakei gelten als die Länder, die bei den Überprüfungen der Medienfreiheit regelmäßig durchfallen. Deshalb will die Kommission in Brüssel eine neue Medienaufsicht einrichten. Diese soll staatliche Einflussnahme begrenzen und einschreiten, wenn Journalisten in Gefahr geraten.
"Journalisten wurden in Europa schon getötet, weil sie ihren Job machten", berichtet die Innenkommissarin über Fälle in Malta und der Slowakei. "Journalisten werden ausspioniert - wie zuletzt im Pegasus-Skandal durch den Einsatz von Spionagesoftware gegen Journalisten." Und Jourova zählt weitere Beispiele auf, wieder auch aus Ungarn, wo Medienkonzentration zum Abbau der Meinungsvielfalt führt.
Jourova: "Keine Propagandakanäle für Regierungen"
Verhindert werden sollen solche Fälle von einem neuen Medienrat. Die Brüsseler Initiative sieht vor, den Rat mit Vertretern aus den Mitgliedsstaaten zu besetzen. Sie sollen Beschwerden nachgehen und frühzeitig über Risiken einer übermäßigen Konzentration mehrerer Medien in einer Hand berichten.
In Europa dürfe es keine Propagandakanäle für Regierungen geben, sagte die Kommissarin. Die Regierungen in Warschau und Budapest konnten bisher weitgehend ungehindert in den Medienmarkt ihrer Länder eingreifen, ebenso in die redaktionellen Entscheidungen von Zeitungen und audiovisueller Medien.
DJV und Reporter ohne Grenzen begrüßen Initiative
Unterstützung für die Kommissionspläne kommt vom Deutschen Journalistenverband und von Reporter ohne Grenzen. Heftige Kritik dagegen vom Bundesverband der Zeitungsverleger, der in der Regulierungsbehörde einen "Angriff auf die Werte der Europäischen Union und der Demokratie" sieht. Die Auflagen seien hart für viele Medienkonzerne, so die Begründung; man fürchtet Hindernisse und Kontrollen bei Investitionen und Übernahmen.
Beim Medienfreiheitsgesetz handelt es sich zunächst um einen Vorschlag der EU-Kommission. Er wird jetzt mit dem Parlament und den Mitgliedsländern verhandelt