Vor Richtungswahl im Oktober Kobachidse ist Georgiens neuer Regierungschef
Georgien hat einen neuen Ministerpräsidenten: Irakli Kobachidse führt künftig die Regierung des EU-Beitrittskandidaten. Unklar ist, welches Verhältnis er zum mächtigen Nachbarn Russland pflegt.
In der Kaukasusrepublik Georgien hat Irakli Kobachidse das Amt des Ministerpräsidenten übernommen. Das Parlament in Tiflis stimmte am Donnerstag mit 84 zu zehn Stimmen für den Chef der Partei Georgischer Traum.
Später wurde er von Präsidentin Salome Surabischwili offiziell ernannt, auch wenn die Staatschefin seine Treue zu einem pro-europäischen Kurs Georgiens wenige Tage vorher noch in Zweifel gezogen hatte. Kritiker werfen Kobachidse vor, das Land wieder stärker an Russland annähern zu wollen. Der 45-Jährige wirft europäischen Staaten und den USA vor, Georgien in den Krieg Russlands gegen die Ukraine verwickeln zu wollen.
Kobachidse erklärte EU-Beitritt zur Priorität
Kobachidse steht seinem Vorgänger Irakli Garibaschwili politisch nahe. Beide eint eine vergleichsweise zögerliche Haltung zum Beitritt des Landes zu EU und NATO.
Vor seiner Wahl versicherte Kobachidse den Abgeordneten im Parlament, dass der Beitritt zu EU und NATO für seine Regierung eine Priorität sei. Zudem bekannte er sich dazu, die territoriale Integrität Georgiens wiederherstellen zu wollen.
Oligarch gilt als Strippenzieher
Der bisherige georgische Regierungschef Garibaschwili war am Montag vergangener Woche zurückgetreten, um mit Blick auf die Parlamentswahl im Oktober Chef der Partei Georgischer Traum zu werden. Der Rücktritt erfolgte nur einen Monat, nachdem der einflussreiche Oligarch und Garibaschwili-Vertraute Bidzina Iwanischwili in die Politik zurückgekehrt war.
Der Ehrenvorsitzende der Partei gilt mit seinem Milliardenvermögen als wichtigster Strippenzieher des Landes. Er will wieder eine größere Rolle in der Politik spielen. Er soll den Amtswechsel von Garibaschwili auf Kobachidse in die Wege geleitet haben. Iwanischwili, der in Russland geschäftlich tätig war, wird seine Nähe zu Moskau zur Last gelegt.
EU stellt weitere Bedingungen
In Georgien steht in diesem Jahr eine richtungsweisende Parlamentswahl an. Die frühere Sowjetrepublik am Schwarzen Meer ist bei einem EU-Gipfeltreffen im vergangenen Dezember als EU-Beitrittskandidat eingestuft worden.
Die EU fordert von Georgien als Voraussetzung für einen Beitritt Reformen im Wahlrecht und der Justiz - unter anderem, um die Korruption im Land einzudämmen. Auch die Partei Georgischer Traum vertritt nach eigenen Worten eine Annäherung an die EU und sieht den Kandidatenstatus als großen Erfolg.
Präsidentin äußert Bedenken
Zugleich pflegt die Regierung enge Kontakte nach Moskau. Bereits unter Garibaschwili hatte es Georgien abgelehnt, die Sanktionen mitzutragen, die der Westen wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine verhängt hatte. Die pro-europäische Präsidentin Surabischwili, die kaum Machtbefugnisse hat, hat der Regierung immer wieder einen pro-russischen Kurs vorgeworfen.
Noch am Dienstag fragte sie in einem Rechenschaftsbericht an Kobachidse gerichtet. "Wie wollen Sie europäische Werte in unserer Gesellschaft verankern? Wie planen Sie, die Empfehlungen der EU vor der kommenden Wahl umzusetzen?" Den Oligarchen Iwanischwili machte sie für den schwankenden außenpolitischen Kurs und die wachsende Korruption im Land mitverantwortlich.