G20-Außenministertreffen in Neu-Delhi Russland isoliert?
Auch der russische Außenminister Lawrow wird beim G20-Treffen seiner Amtskollegen in Indien dabei sein. Dort wird es ihm einmal mehr darum gehen zu zeigen, dass Russland nicht international isoliert ist.
Vor seiner Abreise zum G20-Außenministertreffen in Indien stellte Russlands Chefdiplomat Sergej Lawrow noch einmal klar, dass aus russischer Sicht von einer Isolation seines Landes keine Rede sein könne. "Ich möchte nochmals betonen", erklärte er, "uns ist nicht nur gelungen, die Pläne des kollektiven Westens der Isolierung bzw. zur Zersplitterung Russlands zum Scheitern zu bringen, sondern auch eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit einer überwiegenden Mehrheit der Weltgemeinschaft sicherzustellen."
Dann ergänzt Lawrow: "Wir nennen sie gerade 'Weltmehrheit'." Mit dieser "Weltmehrheit" habe Russland Beziehungen, die immer enger und effizienter werden.
Eigene russische Lesart
Lawrow geht darüber hinweg, dass bei der jüngsten UN-Vollversammlung mit 141 Ländern die überwältigende Mehrheit Russland zum sofortigen, vollständigen und bedingungslosen Abzug aus der Ukraine aufgefordert hatte. Doch zur "Weltmehrheit" gehören nach russischer Lesart unter anderem die bevölkerungsreichen Länder China und Indien und all diejenigen, die die Sanktionen des Westens gegen Russland nicht mittragen.
Und so dürfte Russland beim G20-Außenministertreffen in Neu-Delhi weiter daran arbeiten, einen Gegenpol zum Westen zu der so oft vom Kreml angeprangerten Vorherrschaft der USA aufzubauen. Die russische Sicht auf die Sprengung der Nordstream-Gaspipeline oder Hindernisse beim Export russischer Düngemittel sollen bei dem Treffen auf den Tisch.
Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa kündigte an, dass "nochmals auf die Schädlichkeit von nicht legitimen Sanktionen, von gewissenloser Konkurrenz und Protektionismus im Zusammenhang mit der aktuellen Frage eines kollektiven Widerstandes gegen die westliche Dominanz und die neokolonialen Praktiken aufmerksam gemacht werden" müsse.
Die Vereinten Nationen haben mit großer Mehrheit beschlossen, Russland zum "sofortigen" und "bedingungslosen" Rückzug seiner Truppen aus der Ukraine aufzufordern.
Ukraine-Krieg soll kein Thema sein
Schon beim Treffen der G20-Finanzminister im indischen Bangalore gelang es nicht, sich auf eine gemeinsame Abschlusserklärung zur Verurteilung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zu einigen. Dies scheiterte am Widerstand Russlands und Chinas.
Und Gastgeber Indien möchte vermeiden, dass der Krieg gegen die Ukraine zum Hauptthema des Gipfels wird. Vielmehr soll es um Probleme des globalen Südens gehen, die Klimapolitik oder die Verschuldung der Schwellenländer.
Putin: Modi ist "wie ein Eisbrecher"
Lawrow muss also nicht damit rechnen, auf einen unangenehmen Gastgeber zu treffen. Mit Indien verbindet Russland eine enge Partnerschaft in den Bereichen Wirtschaft, Energie und Militär. Auch ist das Land einer der Hauptabnehmer russischen Öls und beteiligt sich nicht an den Sanktionen des Westens, weshalb Kremlchef Wladimir Putin auch voll des Lobes über den indischen Premier ist.
Laut Putin ist Modi "eine der Personen weltweit, die eine unabhängige Außenpolitik im Interesse ihrer Bürger betreiben können, trotz aller Versuche, jemanden abzuschrecken oder einzuschränken". Weiter sagt Putin, Modi sei "wie ein Eisbrecher - er bewegt sich ruhig in einer für den indischen Staat notwendigen Richtung".
Putin ist voll des Lobes für Modi - hier bei einem Treffen im September 2022.
"Indien will nicht zwischen die Fronten geraten"
Auch andere G20-Mitgliedstaaten wie China, Südafrika oder Brasilien haben sich nicht an den Strafmaßnahmen des Westens beteiligt, auch wenn sie Russlands Krieg in der Ukraine nicht gutgeheißen haben.
Günther Maihold, der stellvertretende Leiter der Stiftung Wissenschaft und Politik, sieht Indien aber nicht als Verbündeten Russlands. Modi hatte Putin zum Beispiel am Rande eines Mehrstaaten-Gipfels in Usbekistan kritisiert und dem Kremlchef gesagt, die heutige Ära sei keine Ära des Krieges. "Indien hat intensive, auch militärische Beziehungen zu Russland", erklärt Maihold, "ist auf der anderen Seite auch daran interessiert, hier nicht zwischen die Fronten zu geraten und eine unabhängige Position zu bewahren".
Für Gastgeber Indien dürfte das Treffen der G20-Außenminister ein Balanceakt werden. Eine starke Erklärung zur Verurteilung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ist aber wohl kaum zu erwarten.