Abaya-Verbot in Frankreich "Regelkonforme Outfits" beschäftigen Schulen
In Frankreich dürfen Schülerinnen nicht mehr in Abaya zum Unterricht - das Bildungsministerium hat genau gezählt, wie viele es dennoch versuchten. Da viele das Verbot nun zu umgehen versuchen, werden Rufe nach Schuluniformen laut.
Am Morgen nach dem ersten Schultag ist das Abaya-Verbot auf allen Nachrichtenkanälen Frankreichs. Im Informationssender BFM TV verkündet Bildungsminister Gabriel Attal eine erste Bilanz: Landesweit seien gestern 298 Schülerinnen mit Abaya zum Unterricht erschienen, erklärt er. Das Lehrpersonal an den betroffenen Schule habe mit den jungen Frauen gesprochen, ihnen die neue Regel erklärt, die Gründe für das Verbot dargelegt und versucht, sie zu überzeugen. "Die allermeisten haben sich der Regel gebeugt", versicherte Attal und ergänzte, dass sich von den 298 Schülerinnen knapp ein Viertel, nämlich 67, geweigert hätten, das weite Gewand abzulegen.
Erste Stimmen - beispielweise von Schülerinnen in Lyon - zeigen, wie unterschiedlich das Abaya-Verbot angenommen wird. Schülerin Iris, die in einer schwarzen Abaya zum Unterricht erschienen war, erklärte dem Fernsehsender France 2, sie habe versucht, den Mitgliedern der Schuldirektion auszuweichen. Schließlich aber musste sie das Gewand ablegen. Mitschülerin Shainez hingegen wurde von der Lehrerin angesprochen, obwohl sie versucht hatte, alles richtig zu machen. Die Schülerin war im langen weißen Rock mit einem weißen Oversize-Pullover in die Schule gekommen. "Die Lehrerin hat mich gefragt, ob ich morgens darüber nachdenke, wie ich mich kleide. Ich habe gesagt, ja natürlich und dass ich mich wirklich bemüht habe, mit meinem Outfit regelkonform zu sein."
Einheitskleidung statt Uniform
Der Fall von Shainez zeigt: Das Abaya-Verbot wird auch in Zukunft an den Schulen für Debatten zwischen Schülerinnen und Lehrpersonal sorgen. Deshalb wird nun der Ruf nach einer Schuluniform laut. Bildungsminister Gabriel Attal, aber auch Präsident Emmanuel Macron wollen es den Schulen in einer Pilotphase erlauben, die Schuluniform auszuprobieren.
Wie die aussehen könnte, ist völlig offen, erklärte gestern Abend Macron im Gespräch mit dem YouTuber Hugo Travers auf dessen gerade bei jungen Leuten sehr populärem Kanal: "Es gibt ja nicht nur die Uniform, sondern auch die Einheitskleidung. Man könnte zum Beispiel sagen: Ihr zieht alle eine Jeans, ein T-Shirt und eine Jacke an."
Das Ende der Debatte? Wohl kaum
Ab heute wird sich der Staatsrat mit dem Abaya-Verbot befassen. Eine Vereinigung zum Schutz der Rechte von Muslimen hat ihn angerufen, um das Verbot doch noch zu stoppen. Doch dass dieses Verwaltungsgericht das Verbot rückgängig macht, ist unwahrscheinlich.
Sicher hingegen ist, dass die Debatte um die Durchsetzung des strengen Laizitätsgesetzes weitergehen wird. Denn sollte nun die Schuluniform tatsächlich Schule machen, werden sich wiederum Gegner und Befürworter des Einheitslooks attackieren. Für die einen wäre die Schuluniform ein Angriff auf die liberté, die Freiheit des Einzelnen. Für die anderen wäre sie das einzig wahre Mittel, die egalité, die Gleichheit, zu garantieren.