Migration Italien setzt weitere Seenotrettungsschiffe fest
Mit der "Sea-Eye 4" und der "Open Arms" sind zwei weitere Schiffe privater Hilfsorganisationen vorerst in italienischen Häfen festgesetzt worden. Den Betreibern drohen hohe Geldbußen.
Nach der "Aurora" hat Italien zwei weitere Schiffe von privaten Hilfsorganisationen festgesetzt, nachdem diese bei Rettungsaktionen auf dem Mittelmeer Hunderte Geflüchtete an Bord genommen hatten.
Betroffen sind nun auch das Schiff "Sea-Eye 4" des gleichnamigen, in Regensburg ansässigen Vereins "Sea-Eye" und die spanische "Open Arms". Die Sea-Eye 4" hatte bei mehreren Einsätzen zuvor 114 Menschen an Bord genommen, auf der "Open Arms" befanden sich nach mehreren Rettungseinsätzen 195 Geflüchtete.
Auslaufverbot und hohe Geldbuße
Um die Migrantinnen und Migranten an Land zu bringen, hatte die "Sea-Eye 4" den Hafen von Salerno im Süden Italiens angesteuert. Diesen darf das Schiff nun auf Anweisung der italienischen Behörden für 20 Tage nicht verlassen. Zudem soll der Verein eine Geldbuße von 3.333 Euro zahlen. Auch die "Open Arms" wurde für 20 Tage festgesetzt, nachdem sie den toskanischen Hafen von Carrara angesteuert hatte. Deren Betreiber sollen eigenen Angaben zufolge eine Strafe von 10.000 Euro zahlen.
Beide privaten Organisationen kritisierten das Vorgehen Italiens. "Uns wird erneut vorgeworfen, dass wir mehrere Rettungsoperationen durchgeführt haben. Hätten wir das nicht getan, wären Menschen ums Leben gekommen", betonte der Sea-Eye-Vorsitzende Gorden Isler. Die Nichtregierungsorganisation "Open Arms" verurteilte die Festsetzung und warnte vor einer Behinderung des Schutzes von Menschenleben auf See.
Behörden sollen Zielhafen vorgeben
Erst Anfang der Woche war die von "Sea-Watch" betriebene "Aurora" zum wiederholten Male festgesetzt worden - ebenfalls für die Dauer von 20 Tagen. Sie liegt derzeit im Hafen von Lampedusa. Laut "Sea-Watch" verlangen die Behörden ebenfalls eine Geldbuße vor, deren Höhe zwischen 2.500 Euro und 10.000 Euro liegen könnte.
In allen Fällen beruft sich Italien auf ein Gesetz zur privaten Seenotrettung: Es sieht vor, dass ein Rettungsschiff pro Fahrt nur einen Rettungseinsatz durchführen darf, außer es liegt eine gegenteilige Genehmigung der italienischen Küstenwache vor. Danach muss das Schiff einen von den Behörden zugewiesenen Hafen ansteuern.
Im Falle der "Aurora" hatten die Behörden die Crew aufgefordert, in den sizilianischen Hafen von Trapani einzulaufen. Dies lehnte die Besatzung aufgrund der großen Entfernung und wegen des an Bord herrschenden Treibstoff- und Trinkwassermangels jedoch ab. Anschließend sollte die "Aurora" einen Hafen in Tunesien zum Ziel nehmen, doch die Organisation lehnt es prinzipiell ab, Gerettete in Tunesien an Land zu bringen. "Wir werden die Schiffbrüchigen niemals nach Tunesien bringen, es ist ein Land, das kein Asylgesetz und kein entsprechendes Aufnahmesystem hat", sagte Sea-Watch-Sprecherin Giorgia Linardi der italienischen Tageszeitung "La Repubblica".
Bereits Tausende Tote oder Vermisste seit Jahresbeginn
Italien allerdings beruft sich nicht nur auf die eigenen Gesetze. Regierungschefin Giorgia Meloni pocht auch auf eine Absichtserklärung, die Mitte Juli von Tunesien, Italien und der EU unterzeichnet worden war und eine engere Kooperation mit Tunesien beim Thema Migration zum Ziel hat.
Zahlen des italienischen Innenministeriums zufolge sind seit Jahresbeginn fast 105.500 Menschen über das Mittelmeer nach Italien geflüchtet - und damit doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge starben im selben Zeitraum mindestens 2.264 Menschen bei dem Versuch, das Meer zu überqueren oder sie werden vermisst.