Zu hohe Neuverschuldung EU-Kommission verwarnt Frankreich und weitere Länder
Sie haben deutlich mehr Geld ausgegeben als es die EU-Regeln vorsehen. Deshalb leitet die EU-Kommission gegen Frankreich, Italien und fünf weitere Länder ein Strafverfahren ein. Für Deutschland gab es einen Rüffel - wegen zu geringer Investitionen.
Die Europäische Kommission leitet gegen Frankreich, Italien und fünf weitere EU-Länder ein Strafverfahren wegen zu hoher Neuverschuldung ein. Die sieben Länder wiesen ein übermäßiges Defizit auf, teilte die zuständige Brüsseler Behörde mit. Neben Frankreich und Italien sind auch Belgien, Malta, Polen, die Slowakei und Ungarn betroffen, gegen Rumänien ist bereits ein Verfahren anhängig.
Kein Verfahren - aber Kritik an Deutschland
Deutschland steht in diesem Jahr mit einer erwarteten Defizitquote von 1,6 Prozent kein Ärger mit Brüssel ins Haus. Allerdings gab es Kritik wegen unzureichender Investitionen. Die EU-Kommission rüffelt die Bundesregierung: "Die Haushaltskonsolidierung dürfte die Inlandsnachfrage belasten und die öffentlichen Investitionen potenziell erschweren", heißt es in einem veröffentlichten Bericht der Brüsseler Behörde. Dabei sei der Investitionsbedarf in den vergangenen Jahren gestiegen. Zwar habe die Regierung einige Maßnahmen zur Förderung von Investitionen ergriffen. "Doch hat der Umfang der politischen Maßnahmen bisher weder zu wesentlichen Fortschritten geführt noch ausgereicht."
Heikel vor allem für Frankreich
Vor allem für Frankreich kommt der "Blaue Brief" aus Brüssel in einem politisch heiklen Moment: Präsident Emmanuel Macron hatte nach massiven Verlusten bei der Europawahl für den 30. Juni Neuwahlen zur Nationalversammlung angesetzt. Umfragen zufolge könnten die Rechtspopulisten von Marine Le Pen stärkste Kraft werden. Finanzminister Bruno Le Maire hat davor gewarnt, dass das Land im Zuge der Neuwahlen in eine Finanzkrise schlittern könnte.
Verwarnte Länder müssen Maßnahmen einleiten
Wegen der Corona-Krise und der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine waren die Defizitverfahren zuletzt ausgesetzt. Wird ein Strafverfahren eingeleitet, muss ein Land Gegenmaßnahmen einleiten, um Verschuldung und Defizit zu senken. Damit soll vor allem die Stabilität der Eurozone gesichert werden.
Ziel des Defizitverfahrens ist es, Staaten zu solider Haushaltsführung zu bringen. Theoretisch sind bei anhaltenden Verstößen auch Strafen in Milliardenhöhe möglich. In der Praxis wurden diese aber noch nie verhängt.
Neuverschuldung von maximal drei Prozent erlaubt
Die EU-Kommission beaufsichtigt, ob die EU-Länder die Regeln für Haushaltsdefizite und Staatsschulden einhalten. Das Regelwerk erlaubt eine Neuverschuldung von höchstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Nach Angaben der Behörde haben zuletzt zwölf EU-Staaten die Obergrenze für dieses Defizit im vergangenen Jahr nicht eingehalten oder werden diese laut Prognose in diesem Jahr übertreten.
Dass nur gegen sieben Länder neue Verfahren eingeleitet wurden, liegt daran, dass die Kommission verschiedene Faktoren berücksichtigt. Dazu gehört etwa, ob das Übertreten der Defizitgrenze nur sehr gering ist, aufgrund besonderer wirtschaftlicher Umstände als außergewöhnlich gilt oder auch ob mehr Investitionen in Verteidigung getätigt wurden.
Nächster Schritt im Verfahren sind nun Stellungnahmen des Wirtschafts- und Finanzausschusses, die innerhalb von zwei Wochen erfolgen müssen. Danach will die Kommission Stellungnahmen abgeben, um das Bestehen eines übermäßigen Defizits in den betreffenden Ländern zu bestätigen. Dann wird die Kommission im Juli den EU-Finanzministern vorschlagen, Empfehlungen zur Defizitreduzierung für die betroffenen Länder auszusprechen.
Schuldenstand: nicht mehr als 60 Prozent der Wirschaftsleistung
Das Regelwerk für Staatsschulden und Defizite, das auch Stabilitäts- und Wachstumspakt genannt wird, wurde jüngst nach jahrelanger Debatte reformiert. Grundsätzlich gilt aber weiterhin, dass der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf.