Nach Treffen mit Selenskyj Erdogan spricht sich für NATO-Beitritt der Ukraine aus
Beim Treffen des türkischen Präsidenten Erdogan mit seinem ukrainischen Amtskollegen Selenskyj standen die diplomatischen Bemühungen Ankaras im Mittelpunkt. Doch dann überraschte Erdogan mit einer klaren Ansage.
Im Anschluss an das Treffen der beiden Staatspräsidenten Erdogan und Selenskyj in Istanbul überraschte der türkische Gastgeber mit einer deutlichen Aussage: "Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Ukraine die Mitgliedschaft in der NATO verdient."
Damit stellt sich Erdogan hinter den Wunsch der Ukraine, die als Sicherheitsgarantie nach einem möglichen Ende des Krieges in das nordatlantische Bündnis aufgenommen werden will. So soll sie mittelfristig vor einem etwaigen neuen Angriff aus Russland geschützt werden. Selenskyj bedankte sich und sagte, diese ausdrückliche Unterstützung des Präsidenten mache ihn froh.
Türkische Vermittlung im Mittelpunkt
Nach zweieinhalbstündigen Gesprächen zwischen den Präsidenten und Delegationen der beiden Länder begann die Pressekonferenz erst kurz nach Mitternacht Ortszeit. Türkische Vermittlung zwischen der Ukraine und Russland, sie stand bei den Gesprächen im Mittelpunkt, in unterschiedlichen Themenbereichen.
Zum Beispiel bemühe sich die Türkei, einen erneuten Gefangenenaustausch von Soldaten zu organisieren. Bei diesem Punkt überraschte Erdogan wieder, diesmal mit einer unvorhergesehenen Ankündigung.
Kommenden Monat wird Herr Putin der Türkei einen Besuch abstatten. Dabei werden wir dieses Thema erneut von Angesicht zu Angesicht erörtern. Sollte es bis dahin zu Telefongesprächen kommen, will ich mit Herrn Putin vorher darüber reden. Denn der Gefangenenaustausch hat für die Türkei Priorität.
Putins Besuch in der Türkei wäre der erste seit Beginn des Krieges. Auch Selenskyj war am Abend zum ersten Mal nach dem 24. Februar des vergangenen Jahres hergekommen.
Getreideabkommen soll verlängert werden
Der ukrainische Präsident sprach von einer Ausweitung der militärischen Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der Türkei bis hin zum gemeinsamen Bau von Drohnen. Es seien Verträge über die Zusammenarbeit unterzeichnet worden.
Und natürlich war auch das mögliche Ende eines anderen Vertrags Gesprächsthema: Das Getreideabkommen zwischen der Ukraine und Russland, das die Ausfuhr von Getreide aus ukrainischen Häfen regelt, läuft in gut einer Woche aus. Staatspräsident Erdogan sagte, "wir hoffen darauf und erwarten, dass die Verlängerungen zunächst einmal mindestens für drei statt zwei Monate statfinden und sie dann im weiteren Verlauf irgendwann bis auf zwei Jahre angehoben werden."
Russland blockiert Verlängerung bislang
Der Getreidedeal war vor einem Jahr auch durch türkische Vermittlung zustande gekommen und mehrfach verlängert worden. Eine erneute Verlängerung blockiert Russland bislang.
Die Lebensmittelsicherheit, die durch den Getreidekorridor ermöglicht werde, beträfe das tägliche Leben von Millionenen von Menschen auf verschiedenen Kontinenten, sagte Präsident Selenskyj in Istanbul. Sie dürfe nicht davon abhängen, in welcher Stimmung der russische Präsident morgens aufwache.
Abkommen unterstützt Selenskyjs 10 Punkte-Plan
Laut Selenskyj habe man auch ein bilaterales Abkommen unterzeichnet, das den von ihm vorgesehenen 10 Punkte-Plan unterstütze. Der sieht zum Beispiel die komplette Wiederherstellung der territorialen Souveränität der Ukraine vor.
Präsident Erdogan hingegen betonte, es sei wichtig, dass so schnell wie möglich Friedensverhandlungen stattfinden könnten. Das NATO-Land Türkei hat seit Kriegsbeginn ein gutes Verhältnis sowohl zur Ukraine als auch zu Russland aufrechterhalten.