Berlin-Besuch Erdogans Programm für ein heikles Treffen
Am Freitag kommender Woche will der türkische Präsident Erdogan Berlin besuchen. Geplant sind Gespräche zu einer "Bandbreite politischer Themen" - für die Bundesregierung dürfte der Tag ein Balanceakt werden.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will am Freitag, den 17. November zu einem Kurzbesuch nach Deutschland reisen. Details zum geplanten Programm gab die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, Christiane Hoffmann, bekannt.
Demnach soll Erdogan zunächst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen und anschließend mit Bundeskanzler Olaf Scholz gemeinsam zu Abend essen. Bei dem Essen im Bundeskanzleramt wollen Scholz und Erdogan laut Hoffmann "die gesamte Bandbreite politischer Themen" besprechen, die beide Länder betrifft. Untere anderem sollen die unterschiedlichen Haltungen zum Nahost-Krieg, die Zukunft des EU-Türkei-Abkommens zur Steuerung der Migration und die Zusammenarbeit in der NATO Thema sein.
Ob es eine gemeinsame Pressekonferenz gibt, ist demnach offen. Ein gemeinsamer Besuch des Fußball-Länderspiels im Berliner Olympiastadion am Samstag sei hingegen nicht geplant.
Kaum direkte Kritik aus dem Kanzleramt
Erdogans Besuch ist für die Bundesregierung heikel. Tiefpunkte des Verhältnisses waren die Inhaftierung deutscher Staatsbürger in der Türkei und gegen Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel gerichtete Nazi-Vergleiche. Der Austausch sei aber sehr wichtig, betonte Hoffmann. Einerseits ist die Türkei ein zentraler Partner Deutschlands in der internationalen Politik. In Deutschland leben zudem rund drei Millionen türkischstämmige Menschen.
Andererseits sind die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara seit Jahren spannungsvoll, die Positionen liegen häufig weit auseinander. Jüngst etwa wetterte Erdogan gegen Israels Vorgehen in Gaza und lobte demonstrativ die terroristische Hamas als "Befreiungsorganisation". Den westlichen Staaten, die sich nach den Hamas-Terrorangriffen vom 7. Oktober mehrheitlich klar hinter Israel und sein umfassendes Recht auf Selbstverteidigung gestellt hatten, warf er hingegen Heuchelei vor.
Regierungssprecherin Hoffmann sagte dazu, die anderslautende Haltung der Bundesregierung zur Hamas sei "bekannt". Mit Kritik an Erdogans Nahostpolitik hielt sich das Kanzleramt bislang zurück. Einzelne Koalitionspolitiker wie FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nannten Erdogans Äußerungen "unerträglich".
Letzter Berlin-Besuch 2020
Der türkische Präsident war zuletzt 2020 zur von der damaligen Kanzlerin Merkel einberufenen Libyen-Konferenz nach Berlin gereist. Kanzler Scholz war im März zu einem Antrittsbesuch in die Türkei gefahren und hatte Erdogan im Mai nach Deutschland eingeladen.