Unruhen in Großbritannien Zehn Festnahmen nach Krawallen in Sunderland
Nach dem Messerangriff auf Kinder in Southport ist es in einer weiteren britischen Stadt zu Unruhen gekommen: In Sunderland randalierten mehrere Hundert Menschen und griffen Beamte an. Die Polizei nahm zehn Menschen fest.
Bei schweren Krawallen und Angriffen von Rechtsextremen auf die Polizei im britischen Sunderland sind zehn Menschen festgenommen worden. Die Bürgermeisterin der Region North East, Kim McGuinness, sagte der BBC, die Beamten in der nordostenglischen Stadt seien schwerer andauernder Gewalt ausgesetzt gewesen. Die Randalierer hätten erheblichen Schaden in der Stadt angerichtet. Viele der Beteiligten wohnten gar nicht in Sunderland, sondern seien eigens angereist, um Chaos zu stiften, erklärten die Behörden.
Die Scheiben einer Polizeiwache wurden eingeschlagen und ein angrenzendes Büro der Beratungsorganisation Citizens Advice angezündet. Darüber hinaus seien "Autos in Brand gesteckt, Geschäfte geplündert, Menschen auf der Straße beschimpft und Polizisten angegriffen" worden, sagte die Labour-Politikerin. Chief Superintendent Mark Hall von der Northumbria Police sprach von "unverzeihlicher Gewalt".
Zu der Protestveranstaltung in Sunderland nahe einer Moschee hatte der Gründer der rechtsradikalen English Defence League (EDL), Stephen Yaxley-Lennon, aufgerufen, der unter dem Namen Tommy Robinson bekannt ist. Dabei wurden unter anderem antimuslimische Parolen gerufen.
In der britischen Stadt Sunderland protestieren britische Ultranationalisten.
Falschmeldungen zur Identität des Täters
Die rechtsextremen Ausschreitungen entstanden in Folge eines Messerangriffs in der Stadt Southport am vergangenen Montag. Dabei war ein 17-Jähriger Angreifer in ein Gebäude eingedrungen, in dem ein Kinder-Ferientanzkurs stattfand. Der Teenager soll drei Mädchen erstochen sowie acht weitere Kinder und zwei Erwachsene verletzt haben, einige von ihnen lebensgefährlich. Er sitzt in Untersuchungshaft.
Britische Ultranationalisten werfen den Behörden vor, über die Identität des 17-jährigen Angreifers zu lügen. In sozialen Medien hatte sich nach der Bluttat am Montag das Gerücht breitgemacht, bei dem Täter handele es sich um einen muslimischen Asylbewerber. Die Polizei betont, der Verdächtige sei in Großbritannien geboren worden. Seine Eltern stammen aus Ruanda.
Landesweite Proteste von Einwanderungsgegnern
Infolgedessen war es bereits in den vergangenen Tagen unter anderem im Londoner Regierungsviertel zu rechtsextremen Ausschreitungen gekommen. Auch am Wochenende sind nach Recherchen der Organisation Hope Not Hate landesweit Dutzende weitere Kundgebungen geplant, sowohl von Nationalisten als auch von Gegendemonstranten, die gegen Rassismus protestieren wollen.
In der nordirischen Hauptstadt Belfast trennte die Polizei einen anti-muslimischen Protest von einer Gegendemonstration. Es flogen Feuerwerkskörper. Auch in Leeds gingen Nationalisten auf die Straße, linke und propalästinensische Demonstranten stellten sich ihnen entgegen.
In Liverpool stellten sich Menschen schützend um eine Moschee. Hier war die Lage angespannt, es blieb aber weitgehend ruhig. Die Stadt liegt dem Ort des Messerangriffs am nächsten.
Der ehemalige Innen-Staatssekretär Robert Jenrick, der sich um die Nachfolge von Rishi Sunak als Chef der Konservativen Partei bewirbt, zeigte sich in der BBC offen für ein Verbot der EDL und kritisierte die Ausschreitungen. Die frühere Innenministerin Priti Patel, die sich ebenfalls um den Tory-Vorsitz bewirbt, forderte, das Parlament für eine Sondersitzung aus der Sommerpause zu holen.