Sorgen in der Ukraine Greift Belarus stärker in den Krieg ein?
Belarus spielt für Russland eine wichtige Rolle im Ukraine-Krieg. Soldaten schickt das Land jedoch nicht in den Kampf. Ändert sich das? Neue gemeinsame Manöver der Streitkräfte besorgen Kiew.
Das Manöver russischer und belarusischer Truppen in Belarus weckt Erinnerungen an den Beginn des Ukraine-Kriegs. Im Februar vergangenen Jahres nutzte Russland das Nachbarland als Aufmarschgebiet und griff von dort aus die Ukraine an. Mittlerweile gibt es eine gemeinsame Kampftruppe, was Befürchtungen nährt, Belarus könne auch mit eigenen Soldaten an der Seite Russlands in den Krieg eingreifen.
Alexander Wolfowitsch - Chef des belarusischen Generalstabs - widerspricht derartigen Vermutungen energisch. Die gemeinsame Kampftruppe diene ausschließlich der Abschreckung, sagte er noch vor wenigen Tagen: "Ich möchte betonen, dass dies ausschließlich Verteidigungszwecken dient und in erster Linie dafür bestimmt ist, die Grenzen des Unionsstaates zu schützen. Dafür ist sie vorgesehen."
Lukaschenko lobt Austausch mit Russland
Zuletzt verstärkten beide Länder nach Angaben aus Minsk ihre gemeinsamen Militärübungen. Das belarusische Staatsfernsehen berichtete, die Kampftruppen beider Staaten seien nahezu ununterbrochen im Übungseinsatz und konzentriere sich dabei auf Übungen zur Kriegsführung in Städten. Der belarusische Machthaber Alexander Lukaschenko besuchte unlängst die russischen Soldaten, die an dem Manöver teilnehmen und betonte, wie sehr man vom gegenseitigen Austausch profitiere. "Wir haben nicht nur Ihnen geholfen, wir haben uns selbst geholfen", sagte er.
Wir bekommen viele Informationen von Ihnen, die auf Erfahrung beruhen. Nun, unsere Offiziere helfen denjenigen, die sich noch in der Ausbildung befinden, die im übertragenen Sinne noch kein Schießpulver gerochen haben, und denjenigen, die sich an militärische Fähigkeiten erinnern müssen. Dies ist auch eine Schule für sie, dies ist eine Lektion.
Politologe glaubt nicht an direkte Beteiligung
Der Minsker Politologe und Journalist Artjom Schrajbman, derzeit im Exil, glaubt allerdings nicht daran, dass sich sein Land auch mit eigenen Truppen am Krieg gegen die Ukraine beteiligen wird. Bereits jetzt sei die belarusische Unterstützung für Moskaus Krieg in der Ukraine relativ hoch, gerade im Hinblick auf Nachschubwege und Logistik. Schrajbman verweist darauf, dass ohnehin nicht viele belarusische Soldaten zur Verfügung stünden.
Das heißt, ich kann mir vorstellen, dass es vor der Teilmobilmachung in Russland eine gewisse Bedeutung gehabt hätte. Zu der Zeit wären 10.000 bis 15.000 zusätzliche Soldaten wichtig gewesen. Wenn Russland jetzt Hunderttausende von Soldaten hat, was können da weitere 10.000 bis 15.000 unmotivierte und schlecht ausgebildete Menschen ausrichten. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.
Der belarusische Politikbeobachter Walerij Karbalewitsch - ebenfalls im Exil - verweist auf die starke Abhängigkeit Lukaschenkos von Wladimir Putin. Besonders in den Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Energie, Logistik ginge in Belarus ohne Russland kaum noch was. Eine Niederlage in der Ukraine würde auch das Schicksal von Lukaschenko beeinflussen, da sein Regime auf die Unterstützung Russlands angewiesen sei. "Das kann man mit absoluter Sicherheit sagen. Es ist ziemlich schwierig, weitere Vorhersagen zu treffen."
Sorge wegen geplanten Luftwaffenmanövers
Mitte Januar wollen Russland und Belarus ein gemeinsames Luftwaffenmanöver starten, wie das Verteidigungsministerium in Minsk mitteilte. Es beginnt am 16. Januar und soll bis Anfang Februar dauern. Roman Bessmertnyj, ehemaliger Botschafter der Ukraine in Belarus, warnte im ukrainischen Fernsehen vor weiteren Luftangriffen aus Belarus. Die Manöver müsse man daher genau im Auge behalten:
Tatsache ist, dass eine ganze Reihe modernisierter Raketensysteme der Sowjetunion auf dem Territorium der Republik Belarus verblieben sind. Einige von ihnen wurden modernisiert und ihre Flugreichweite wurde auf 800 Kilometer erhöht. Außerdem müssen wir verstehen, dass Minsk jetzt bei der Lieferung von Drohnen aus dem Iran eine Art Logistikzentrum nach Russland darstellt.
Bessmertnyj macht sich jedenfalls keine Illusionen. Er geht fest davon aus, dass es früher oder später wieder eine Großoffensive von belarusischem Gebiet aus geben wird. Die Manöver dienten der Vorbereitung dazu.