Abschied von Gorbatschow Beerdigung ohne internationale Staatsgäste
In Moskau findet heute die Trauerfeier für den verstorbenen früheren sowjetischen Staatschef Gorbatschow statt. Nicht mit dabei ist Russlands Präsident Putin. Für Deutschland nimmt ein Diplomat teil.
Wladimir Putin ist nicht dabei, wenn heute in Moskau Abschied genommen wird - von dem letzten sowjetischen Staatschef und Friedensnobelpreisträger, Michail Gorbatschow. Der Arbeitsplan des Präsidenten habe es nicht zugelassen, erklärte Kremlsprecher Dimitri Peskow. Deswegen habe Putin entschieden, sich bereits am Donnerstag - vor seiner Abreise nach Kaliningrad - von Gorbatschow zu verabschieden.
In dem Krankenhaus, in dem der Ex-Sowjetchef am Dienstagabend verstorben war, legte Putin am offenen Sarg einen Strauß dunkelroter Rosen nieder, hielt einen Moment inne, verneigte und bekreuzigte sich. Es dauerte keine 40 Sekunden.
Heute haben nun die Russinnen und Russen zwei Stunden lang die Gelegenheit, Abschied zu nehmen. Gorbatschow ist im prachtvollen Säulensaal des Gewerkschaftshauses - in unmittelbarer Nähe des Kremls - öffentlich aufgebahrt.
Gorbatschow hat in Russland eine andere Bedeutung
Doch längst nicht alle in Russland sehen in Gorbatschow den Brückenbauer und Friedensstifter, den "Gorbi", als der er im Westen oft gefeiert wurde - auch, weil die deutsche Wiedervereinigung ohne ihn so nicht denkbar gewesen wäre. "In Deutschland ist er ein Nationalheld, bei uns aber gar nicht", sagt etwa der Russe Nikolay.
Der Westen will uns heute wirtschaftlich kaputtmachen. Gorbatschow hat das damals schon elegant geschafft. Er war ein Feigling und ein Pantoffelheld.
Zusammenbruch der Sowjetunion niemals verziehen
Dass auf Gorbatschows neue Politik nach den Grundsätzen von "Perestroika" und "Glasnost" - auf deutsch: Umbau und Transparenz - der Zusammenbruch des gesamten sowjetischen Systems folgte, haben ihm viele bis heute nicht verziehen.
Für einige, wie die Moskauerin Galina, begann Mitte der 1980er-Jahre genau die Zeit des gesellschaftlichen Aufbruchs. Sie erzählt: "Ich hatte gerade die Universität beendet - und da kam das neue, junge Staatsoberhaupt und sprach plötzlich von Freiheit. Wir alle atmeten aus tiefstem Herzen auf. Ich habe sehr gute Erinnerungen an ihn. Später war ich nicht immer einverstanden, aber im Nachhinein ist man immer schlauer." Es sei nicht leicht für Gorbatschow gewesen.
Er hat viel verändert - und das in so einem Riesenreich wie der Sowjetunion. Man kann das unterschiedlich bewerten, aber für die Geschichte ist er eine wichtige Persönlichkeit.
Gorbatschow spielt für Jüngere kaum noch eine Rolle
Eine Persönlichkeit, die im politischen Bewusstsein der jüngeren Generation allerdings kaum noch eine Rolle spielte. Eine Passantin erklärt in Moskau: "Ich habe keine eigenen Erinnerungen an ihn, ich war damals noch gar nicht geboren. Gorbatschow war der letzte Präsident der Sowjetunion. Mehr kann ich dazu wirklich nicht sagen."
Wegen der aktuellen politischen Lage werden keine internationalen Staatsgäste bei der Trauerfeier erwartet. Auch hat die Beisetzung nicht den offiziellen Rang eines Staatsbegräbnisses. Es soll aber laut Kreml-Informationen eine Ehrenwache geben. Beerdigt wird Michail Gorbatschow auf dem berühmten Moskauer Neujungfrauenfriedhof - neben seiner Frau Raissa, der Liebe seines Lebens.