Afrikanische Delegation in der Ukraine Auf der Suche nach Frieden
Eine afrikanische Delegation hat die Ukraine besucht, um bei der Suche nach einem Ende von Russlands Angriffskrieg zu helfen. Der ukrainische Präsident Selenskyj lehnt Verhandlungen bis zu einem Abzug ab.
Mit ernstem Gesicht lauscht Cyril Ramaphosa Andrii Kostin. Der ukrainische Generalstaatsanwalt empfängt den Präsidenten Südafrikas in Butscha. Kostin erzählt Ramaphosa von dem Massaker, das russische Soldaten vergangenes Jahr an Zivilisten im Kiewer Vorort verübten. Danach legt Ramaphosa eine Gedenkkerze zu Ehren der Opfer nieder.
Erstmals seit Beginn der russischen Invasion kommt eine hochrangige Delegation aus Afrika in die Ukraine, bevor sie nach Russland weiterreist. Im Krieg haben sich afrikanische Staaten bisher zumeist offiziell neutral verhalten. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz findet Wolodymyr Selenskyj nun lobende Worte für den Besuch in Kriegszeiten:
Ich danke den Teilnehmern unseres Treffens für den Einsatz fürs Prinzip der territorialen Integrität. Die Herren Präsidenten und Premierminister haben außerdem in Butscha selbst gesehen, dass russische Okkupation Tod bedeutet.
Russland beschießt Kiew während des Besuchs
Vor kurzem erst war Außenminister Dmytro Kuleba in Afrika unterwegs. Längst blickt die Ukraine bei ihrem Werben um Unterstützung nicht nur in den Westen. Durchaus selbstbewusst präsentiert Cyril Ramaphosa den Grund der Delegationsreise: "Dies ist eine historische Mission auf der Suche nach Frieden", sagt er. "Sie besteht aus zehn Kernpunkten. Zunächst wollen wir zuhören. Sowohl Präsident Selenskyj als auch Präsident Putin. Von ihm wollen wir erfahren, wie er sich den Weg zum Frieden vorstellt."
Dass Putin daran überhaupt Interesse hat, bezweifeln nicht nur in der Ukraine viele. Während des Besuchs der Afrika-Delegation beschießt Russland Kiew einmal mehr mit Raketen, Explosionen sind in der Stadt deutlich zu hören - infolge erfolgreicher Flugabwehr, wie es heißt. Ramaphosas Kommentar dazu klingt wie leichte Kritik am Kreml: "Wir haben heute Raketenbeschuss vernommen. Solche Aktivitäten sind für den Frieden nicht förderlich."
Getreideabkommen ein Hauptanliegen der Afrikaner
Zur Delegation, der Ramaphosa vorsteht, gehören auch der Senegal, Sambia, Ägypten, Uganda, Kongo und die Komoren. Politisch stehen einige der Länder Russland nahe. Allesamt eint die Sorge um die Lebensmittelversorgung. Dass das labile Getreideabkommen zwischen Kiew und Moskau bestehen bleibt, ist ein Hauptanliegen der Afrikaner.
Ein Ende des Konflikts, wie Cyril Ramaphosa es formuliert, sei im Interesse aller Nationen inklusive Afrikas. Um ein Ende zu erreichen, setzt die Delegation auf eine Verhandlungslösung, bei gleichzeitiger Betonung der Sicherheit für alle Länder.
Selenskyj lehnt Verhandlungen ab
Selenskyj lehnte Verhandlungen abermals ab, solange Russland seine Truppen nicht zumindest aus der Ukraine abzieht. Umgekehrt macht er der Delegation Angebote, will die direkte Getreideversorgung und Bildung in Afrika fördern. Der Spielraum Kiews sei aber begrenzt, sagt Afrika-Experte Professor Alexander Stroh-Steckelberg von der Universität Bayreuth:
Afrikanische Staaten würden es sicherlich begrüßen, wenn die Ukraine schon jetzt dafür einträte, die Handelsbeziehungen nach Afrika zu verstärken und sich im Westen für afrikanische Belange einzusetzen. Allerdings ist ja offensichtlich der russische Angriffskrieg dafür verantwortlich, dass die Außenhandelsbeziehungen der Ukraine gestört wurden. Insofern liegt es im Moment wenig in der Hand der Ukraine, Afrika etwas anzubieten.
Das liege auch daran, dass die Ukraine bisher nur dünne Beziehungen zu Afrika habe und diese erst langsam ausbaue. Afrika wiederum, betont Stroh-Steckelberg, sei es leid, nur als geopolitischer Spielball betrachtet zu werden.
Ob Kiew Afrika nun enger an sich binden kann, ist ungewiss. Den Weg zum Frieden wird vorerst höchst unterschiedlich betrachtet, trotz gewisser rhetorischer Sympathien der Delegation für die Ukraine. Vielleicht setzt man in Kiew darauf, dass vor allem der Besuch der Gäste in Butscha, einem der Schauplätze russischer Massaker, langfristig einen Sinneswandel bewirkt.