EU-Gipfel in Brüssel Optimistisch beim Klima, einig bei Konjunktur
Nach weitreichenden Zugeständnissen an Deutschland und Polen zeichnet sich beim EU-Gipfel eine Einigung über ein Klimapaket ab. Berlin und Polen setzten sich mit ihren Forderungen zum Emissionshandel offenbar durch. Einig waren die Gipfelteilnehmer auch über das EU-Konjunkturprogramm.
Beim EU-Gipfel in Brüssel zeichnet sich ein Kompromiss in der Klimapolitik ab, der aber mit erheblichen Kompromissen erkauft wurde. Wie aus dem Entwurf der Gipfelerklärung hervorgeht, sollen die Industrie und die Kraftwerke in Osteuropa weitaus weniger für ihre CO2-Verschmutzungsrechte zahlen, als die EU-Kommission vorgeschlagen hatte. Damit setzte sich Polen durch, dessen veraltete Kohlekraftwerke besonders viel Kohlendioxid (CO2) ausstoßen. Dies geht auf Kosten anderer Länder, vor allem Deutschlands, da die EU-Klimaziele insgesamt bleiben.
Deutschland setzte im Gegenzug erhebliche Ausnahmen für die deutsche Schwerindustrie durch. Energie-intensive Branchen wie Stahl- oder Zementfabriken - insgesamt rund 80 Prozent der Industrie - sollen ihre Emissionszertifikate weiter gratis erhalten, sofern sie moderne technische Standards erfüllen. Der von der EU bislang vorgesehene Kauf der Zertifikate ab dem Jahr 2013 entfällt damit. Trotzdem müssen die Betriebe ihre Emissionen bis 2020 um rund ein Fünftel reduzieren, denn die Zahl der Zertifikate wird Jahr um Jahr abgesenkt.
Die verbleibenden rund 20 Prozent der Unternehmen sollen indes bis 2020 70 Prozent, fünf Jahre später dann 100 Prozent ihrer CO2-Scheine ersteigern müssen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte ursprünglich eine Obergrenze von 20 Prozent angestrebt. Sie will damit den Verlust von Arbeitsplätzen in Branchen wie Stahl, Chemie oder Zement verhindern. Das Ringen um die Lastenaufteilung für die CO2-Emissionsreduktionen war am Donnerstagabend noch ohne Durchbruch abgebrochen worden.
Die Kanzlerin zeigte sich zuversichtlich, dass die Gipfelteilnehmer sich beim Klimaschutz einigen würden, auch wenn einige Mitgliedsstaaten noch Verhandlungsbedarf sähen. Das Ergebnis werde ein politisches Signal an die internationalen Klimaschutzverhandlungen im polnischen Posen sein. An den unter deutscher Ratspräsidentschaft vereinbarten Klimazielen gebe es "keinerlei Abstriche", betonte Merkel. "Europa wird seine Vorreiterrolle verantwortlich wahrnehmen." Die EU will den Ausstoß des schädlichen Treibhausgases Kohlendioxid bis 2020 um 20 Prozent senken.
Milliarden für die Konjunktur
Merkel teilte zudem mit, dass die Staats- und Regierungschefs sich wie erwartet auf ein 200-Milliarden-Euro-Konjunkturprogramm geeinigt haben. Die Staaten seien "bereit, 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für zusätzliche Maßnahmen einzusetzen, sagte Merkel. Es gibt ein gemeinsames Vorgehen in dieser wirklich tiefen Krise." Die einzelnen EU-Staaten sollen mit 170 Milliarden Euro den Löwenanteil an dem Programm übernehmen. Den Rest soll die EU zuschießen. Damit folgte der Gipfel dem Vorschlag, den die EU-Kommission vor zwei Wochen gemacht hatte.
Ob die Bundesregierung nach diesem Beschluss zusätzliche Maßnahmen ergreifen wird, ließ Merkel offen. Bislang hatte sie die Ansicht vertreten, die zwei Maßnahmenpakete der Bundesregierung reichten aus. Ähnlich zurückhaltend äußerte sie sich in Brüssel. "Wir haben ein erstes Paket gemacht, unsere Bundesländer werden zusätzliche Maßnahmen ergreifen", sagte sie. Weitere Schritte werde man am Sonntag bei dem Treffen mit Wirtschaftsvertretern im Berliner Kanzleramt sowie beim Koalitionsausschuss Anfang Januar beraten.