Tschechischer Ratspräsident beruft Treffen ein Ein EU-Gipfel soll Sarkozy auf Linie bringen
Die Staats- und Regierungschefs der EU kommen am 1. März zu einem außerordentlichen Gipfel zur Wirtschafts- und Finanzkrise zusammen. EU-Ratspräsident Topolanek will bei dem Treffen das Vorgehen der 27 Mitgliedsländer zur Stützung des Bankensektors und der Konjunktur besser abstimmen.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Es ist wohl eine Art Befreiungsschlag: Der tschechische EU-Vorsitzende Mirek Topolanek steht mit dem Rücken zur Wand. Die Vorwürfe, er tue zu wenig gegen die Wirtschaftskrise, werden immer lauter. Hinzu kommt, dass mittlerweile ein heftiger Streit in der EU darüber ausgebrochen ist, was die richtigen Mittel in der Krise sind.
Ein Gipfeltreffen jagt das nächste
Topolanek hat deshalb beschlossen, seine Kollegen Staats- und Regierungschefs jetzt in schöner Regelmäßigkeit antanzen zu lassen - entweder in Brüssel oder in Prag. Gleich zwei weitere EU-Gipfeltreffen hat Topolanek nun einberufen - zusätzlich zu den beiden, die bis Ende Juni ohnehin schon geplant sind. "Die Lage in vielen EU-Ländern macht mir Sorge und deshalb denke ich, wir müssen uns auf allerhöchster politischer Ebene um den Kampf gegen die Krise kümmern."
Vom Hoffnungsträger zum Problemfall
Jose Manuel Barroso, der Präsident der EU-Kommission, bemühte sich sichtlich, dem Tschechen auf dem EU-Chefsessel den Rücken zu stärken: "Wir durchleben außergewöhnliche Zeiten und müssen uns auf höchster Ebene um Lösungen kümmern", sagte Barroso. Dabei wird immer offensichtlicher, dass es innerhalb der EU infolge der Wirtschaftskrise längst ein Gegeneinander anstelle eines Miteinanders gibt. Das Problem hat einen Namen: Nicolas Sarkozy. Gerade der Mann, der im vergangenen Halbjahr Europas Krisenmanager gewesen war, hat sich mittlerweile zum Problemfall in der Krise entwickelt.
Proteste gegen Alleingang Frankreichs
Die EU-Spitze weiß sich offenbar nicht mehr anders zu helfen, als mit Hilfe von EU-Gipfeln auf höchster Ebene das Energiebündel in Paris auf Linie zu bringen. Konkret geht es um den erkennbar protektionistischen Kurs den Sarkozy fährt. Die französische Autoindustrie bekommt milliardenschwere Kredite, aber nur wenn Renault und Peugeot-Citroën sich verpflichten, keine Arbeitsplätze in Frankreich abzubauen. Mit anderen Worten: Die französischen Autobauer sollen andernorts kürzen, beispielsweise in ihren Werken in Osteuropa.
"Staatliche Hilfe ist manchmal nötig - aber wir werden uns sehr genau ansehen, ob sie im Einklang ist mit den Regeln des gemeinsamen europäischen Marktes", betonte EU-Kommissionspräsident Barroso. EU-Vorsitzender Topolanek wurde noch deutlicher: Manche hätten wohl den Eindruck, sie müssten die EU managen, sagte er Richtung Paris. Es gehe jetzt darum, gegen Protektionismus und Populismus vorzugehen.
Eine neue Chance für Merkel?
Die politische Krise auf höchster Ebene kann man mittlerweile mit Händen greifen. Fragwürdig ist allerdings, ob es nun gerade den Tschechen gelingt, die Krise zu moderieren. Der Streit zwischen Topolanek und Sarkozy hat längst eine persönliche Note bekommen: Der alte und der neue EU-Chef können offenbar nicht gut miteinander. Es könnte - wieder einmal - die Stunde der Angela Merkel sein. Topolanek betonte auffallend häufig, wie eng er sich mit Merkel abgestimmt habe.