Außenministertreffen in Stockholm EU zieht ernüchternde Afghanistan-Bilanz
Zu wenig Kooperation, kaum Motivation und zu viel Korruption - die EU räumt beim Außenministertreffen in Stockholm ein, bisher "nur begrenzte Fortschritte" beim Wiederaufbau in Afghanistan erzielt zu haben. Die Kritik an dem von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff wird derweil schärfer.
Die Strategie in Afghanistan ist zentrales Thema beim derzeitigen Treffen der EU-Außenminister in Stockholm. In einem internen Diskussionspapier räumt der schwedische EU-Ratsvorsitz Versäumnisse am Hindukusch ein. "Die mangelnde Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft - gepaart mit fehlender Motivation und Fähigkeiten auf afghanischer Seite - sind verantwortlich für die langsamen und unsteten Fortschritte beim Wiederaufbau Afghanistans", heißt es darin.
Die Unsicherheit in Afghanistan könne "nicht alleine mit militärischen Mitteln" beendet werden. Bisher habe es "nur begrenzte Fortschritte" im Bemühen um gute Regierungsführung, Bekämpfung der Korruption und Sicherung der Menschenrechte gegeben.
Schwierige Suche nach Polizei-Ausbildern
Auch die Europäische Polizeimission EUPOL bleibt offenbar deutlich hinter den Erwartungen zurück. Statt der geplanten 400 Polizeiausbilder sind bisher nach Diplomatenangaben nur 265 Kräfte vor Ort. Die Mitgliedsländer haben dem Vernehmen nach Probleme, Kandidaten zu finden, die bereit sind, in Afghanistan ihr Leben zu riskieren.
Die EU unterstützt den Wiederaufbau Afghanistans seit 2001 mit etwa neun Milliarden Euro. "Es geht nicht ums Geld. Wir müssen schauen, wie wir das Geld richtig ausgeben", sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner.
"Aktion, die nicht hätte stattfinden dürfen"
Derweil wird die Kritik an dem von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff in Afghanistan lauter. Der französische Außenminister Bernard Kouchner nannte den Einsatz, bei dem mindestens 50 Menschen starben, einen "großen Fehler". Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sprach von einer "Aktion, die nicht hätte stattfinden dürfen".
Ferrero-Waldner bezeichnete den Angriff als "Tragödie, die sofort untersucht werden muss". Auch Großbritannien und Italien pochen auf eine rasche Untersuchung, wie sie die NATO angekündigt hat. Italiens Außenminister Franco Frattini sagte, ein solcher Angriff dürfe sich nicht wiederholen. "Wir sind in Afghanistan, um die Sicherheit der Menschen zu garantieren, und nicht, um ihnen den Tod zu bringen", sagte er.