EU-Afrika-Gipfel in Lissabon Lassen Afrikaner die EU auflaufen?
Dem EU-Afrika-Gipfel droht ein Eklat. Mehrere afrikanische Staatschefs kündigten an, die geplanten Freihandelsabkommen nicht zu unterzeichnen. Neuen Ärger gibt es auch mit Simbabwes Präsident Mugabe: Er bezeichnete Bundeskanzlerin Merkel als Teil einer "arroganten europäischen Viererbande".
Mehrere afrikanische Staaten wollen das seit fünf Jahren vorbereitete Freihandelsabkommen (EPA) mit der Europäischen Union (EU) platzen lassen. "Für uns ist es aus", sagte der senegalesische Präsident Abdoulaye Wade auf dem EU-Afrika-Gipfel in Lissabon. Auch der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki sagte, er wolle das Abkommen nicht unterzeichnen.
Wade sagte, er unterstütze zwar eine neue Partnerschaft zwischen den beiden Kontinenten - "aber wir müssen festlegen, was für eine Partnerschaft dies sein soll." Es sei klar, dass Afrika die EPA-Verträge nicht wolle. Senegal habe bei dem Gipfel die Gegner der Abkommen angeführt. Sie seien in der Afrikanischen Union (AU) in der Mehrheit und dazu entschlossen, bei ihrem Nein zu bleiben. "Wir reden nicht mehr über EPAs", sagte Wade. "Wir müssen sehen, was wir stattdessen machen können."
Kritik von der Afrikanischen Union
Alpha Oumar Konare, Kommissionspräsident der Afrikanischen Union (AU) warf der EU eine spaltende Handelspolitik vor. "Es muss vermieden werden, dass afrikanische Regionen oder Länder in derselben Region gegeneinander ausgespielt werden", forderte er.
Damit ist eines der wichtigen Ziele des Lissabon-Gipfels offenbar gescheitert. Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte die Ablehnung aber nicht als Eklat werten. Wades Äußerungen seien eine Einzelmeinung. "Die afrikanischen Staaten haben zum Teil sehr unterschiedliche Meinungen", sagte sie. "Wir müssen die Nerven behalten, weiter verhandeln." Die EU werde auf ihrem Gipfel am kommenden Freitag prüfen, ob sie ihre Position flexibilisieren könne. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso kündigte an, die EU werde die Verhandlungen 2008 fortsetzen.
Konkurrenz aus China
Die EU ist mit einem Handelsvolumen von 215 Milliarden Euro im Jahr größter Handelspartner Afrikas, droht aber gegenüber China ins Hintertreffen zu geraten. Auch Bürgerrechtsgruppen haben kritisiert, dass die EPAs Afrikas Bauern und Industrie dem Wettbewerb auslieferten.
Das Ökonomische Partnerschaftsabkommen (EPA) soll das bisherige Cotonou-Abkommen ersetzen, das auf Geheiß der Welthandelsorganisation (WTO) am 1. Januar 2008 ausläuft. Es regelt die Erhebung von Zöllen für Importe aus Afrika in die EU. Zudem soll es den Handel zwischen den afrikanischen Staaten liberalisieren.
Ohne ein Abkommen würden vor allem die wirtschaftlich erfolgreicheren afrikanischen Staaten erhebliche Zolleinbußen verzeichnen, weil der Handel unterbrochen werden müsse, betonte Barroso. Man bemühe sich deswegen um Interimsabkommen mit den am meisten betroffenen Staaten.
Mugabe attackiert Merkel
Mit scharfen Worten hat sich Simbabwes Präsident Robert Mugabe gegen den europäischen Vorwurf der Menschenrechtsverletzungen in seinem Land gewehrt. Diese Kritik zeuge von der "Arroganz" einer "Viererbande" aus Deutschland, Dänemark, Schweden und den Niederlanden, sagte er nach Diplomatenangaben.
Merkel hatte sich am ersten Gipfeltag nachdrücklich für die Einhaltung der Menschenrechte eingesetzt und für eine besseren Regierunsstil in Simbabwe geworben. Andere EU-Regierungschefs unterstützten sie. Auch Menschenrechts-Organisationen lobten Merkels Auftreten. "Bravo. Sie hat gesagt, was gesagt werden musste", sagte Reed Brody von Human Rights Watch. "Das ist eine Art, die Wahrheit zu sagen, wie wir sie von europäischen Politikern erwarten."
Dagegen sagte Senegals Staatschef Wade, Merkel sei offenbar über die Zustände in Simbabwe nicht vollständig informiert. Niemand könne sagen, "dass die Menschenrechte in Simbabwe stärker verletzt werden als in anderen afrikanischen Ländern".
Südafrikas Präsident Mbeki, mit dem Merkel bereits vor Beginn des Treffens Gespräche geführt hatte, erwähnte Simbabwe in seinem Beitrag zum Thema "Menschenrechte und gutes Regieren" nicht. Er erinnerte aber daran, dass der Kampf gegen die Armut nicht ohne Respekt vor den Grundrechten gewonnen werden könne.