EU-Abstimmung verschoben Wie es im Verbrenner-Streit weitergeht
Die EU verschiebt ihre Abstimmung über das Verbrenner-Aus ab 2035 - auf Druck der Bundesregierung. Kommissionschefin von der Leyen wird nun persönlich mit der Bundesregierung verhandeln. Die Europa-Grünen fordern ein Machtwort des Kanzlers.
Die EU-Staaten verschieben ihre Entscheidung über das fast fertige Gesetz zum geplanten Aus für den Verbrennungsmotor ab 2035 - auf Druck der Bundesregierung. Wie die schwedische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte, wird sich die Ministerrunde nicht wie geplant am kommenden Dienstag mit dem Thema befassen. Das haben die 27 EU-Botschafter in Brüssel beschlossen.
Die FDP-Führung und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) haben die Zustimmung der Bundesregierung daran geknüpft, dass die EU-Kommission Vorschläge macht, um Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen - sogenannten E-Fuels - länger laufen zu lassen. Mit diesen Kraftstoffen, sagt der FDP-Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen, könnten Verbrenner klimaneutral betrieben werden. "Wir dürfen uns nicht auf eine Technologie festlegen, sondern brauchen alle Optionen um das Ziel der Dekarbonisierung und der CO2-Neutralität im Verkehr zu erreichen."
Eigentlich hatten sich Mitgliedsstaaten und EU-Parlament schon im vergangenen Herbst auf das Gesetz verständigt, wonach neu zugelassene Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab 2035 emissionsfrei fahren müssen. Das Parlament besiegelte den Beschluss Mitte Februar. Nur die abschließende Zustimmung der Mitgliedsstaaten steht noch aus.
Machtwort von Scholz gefordert
Michael Bloss, Europaabgeordneter der Grünen, sieht nun Bundeskanzler Olaf Scholz gefordert: "Das ist eine große Blamage für die Bundesregierung auf der europäischen Ebene. Es ist hochgradig unprofessionell und chaotisiert die Verfahren in der EU, wenn eine Regierung eine Zusage ganz am Ende des Prozesses wieder zurücknimmt. Deshalb braucht es jetzt ein Machtwort von Olaf Scholz."
CDU findet Verschiebung gut
Die CDU hält die Verschiebung der Abstimmung auch inhaltlich für richtig. Sie lehnt das Verbrennerverbot ab und plädiert für ein Anrechnungssystem für synthetische Kraftstoffe, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Unionsgruppe im EU-Parlament, Jens Gieseke: "Jetzt ist es an Bundesverkehrsminister Wissing, diese Position auch durchzusetzen. Ich habe da ernsthafte Zweifel, weil sich in der Vergangenheit der Bundesverkehrsminister weder in Berlin noch in Brüssel mit Positionen durchsetzen konnte, sondern diese eher inszeniert als sie tatsächlich umzusetzen."
Wissing will feste Zusagen
Wissing hat einen Vorschlag der EU-Kommission gefordert, wie nach 2035 mit klimaneutralen Kraftstoffen betankte Fahrzeuge weiter zugelassen werden können. Im Gesetzentwurf wird die EU-Kommission durch einem sogenannten Erwägungsgrund dazu aufgefordert, eine solche Ausnahme zu prüfen - rechtlich bindend ist dies aber nicht.
Kommissionsvize Frans Timmermans hatte nach der Ratseinigung im vergangenen Jahr erklärt, man sei offen für Vorschläge der Hersteller und werde bis 2026 eine Bewertung abgeben. Dabei geht es um Fahrzeuge außerhalb des Systems der Flottengrenzwerte, das auf Pkw und leichte Nutzfahrzeuge angewendet wird. "Wir arbeiten an einer Lösung und hören uns die Sorgen der Mitgliedsstaaten an", sagte Kommissionssprecherin Dana Spinant.
Weder Berlin noch Brüssel wollen das Gesetz scheitern lassen
Kommissionschefin Ursula von der Leyen wird am Wochenende zur Klausur des Bundeskabinetts nach Meseberg kommen, um direkt mit den Verantwortlichen zu beraten. Sollte Deutschland sich bei der abschließenden Abstimmung über das Verbrenner-Aus enthalten, wäre das Gesetz gescheitert. Denn eine Enthaltung gilt als Nein und auch Italien, Polen und Bulgarien wollen nicht zustimmen. Damit wäre die nötige qualifizierte Mehrheit nicht erreicht.
Allerdings haben weder Brüssel noch Berlin ein Interesse daran, das gesamte Gesetz scheitern zu lassen - denn die Autohersteller brauchen Planungssicherheit. Viele sind längst auf E-Mobilität eingeschwenkt, einige Konzerne wollen ihre Flotte schon vor 2035 entsprechend umstellen.
Für die EU-Kommission stellt das Gesetz zum Aus des Verbrennungsmotors einen zentralen Bestandteil ihres Klimapakets dar. Die EU will ihre Emissionen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken - und bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden.