Pläne der EU-Kommission Weniger Abfall, mehr Reparaturen
Wiederverwerten statt wegwerfen - das soll in Europa Gesetz werden. Die EU will die Vernichtung haltbarer unverkaufter Lebensmittel verbieten. Handys und andere Geräte sollen so konstruiert werden, dass sie repariert werden können.
Handys, die pünktlich nach Ablauf der Garantie kaputt gehen, haltbare Lebensmittel, die auf den Müll kommen, Verpackungen, mit denen nichts mehr anzufangen ist: All das will die EU-Kommission künftig stoppen. Die Brüsseler Behörde stellte heute ihren Aktionsplan gegen Müll vor. Damit strebt sie ein Wirtschaftsmodell an, das auf der Vermeidung von Abfall und der Wiederverwertung von Rohstoffen basiert.
In dem Plan finden sich eine Reihe von Initiativen, die in den kommenden Monaten und Jahren zu Gesetzen werden sollen. So will die Behörde die Vernichtung haltbarer unverkaufter Waren europaweit verbieten. Sie plant auch ein "Recht auf Reparatur": Handys, Laptops und andere Geräte sollen künftig so konstruiert sein, dass sie repariert werden können und so länger nutzbar sind, etwa durch austauschbare Akkus und Software-Updates.
Die Kommission hofft auf 700.000 neue Jobs bis 2030 durch ihr Konzept. "Viele Produkte gehen zu leicht kaputt, können nicht wieder verwendet, repariert oder recycelt werden, oder sie sind nur für den einmaligen Gebrauch gemacht", kritisierte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans bei der Präsentation des sogenannten Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft. Um die Europäische Union bis 2050 klimaneutral zu machen, die Umwelt zu bewahren und wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu bleiben, müsse sich das grundsätzlich ändern.
Verpackungen reduzieren
Wie Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius darlegte, sollen bei Elektronikgeräten längere Gebrauchszeiten die Norm werden, ebenso wie eine gezielte Sammlung und Verarbeitung des Elektronikschrotts. Man werde sich auch mit nicht wiederaufladbaren Batterien beschäftigen. Ein Verbot sei bislang aber nicht vorgesehen.
Die neuen Vorschriften sollen auch Verpackungen reduzieren. So will die Kommission exzessiven Gebrauch von Verpackungsmaterial, insbesondere auf Plastikbasis, gesetzlich einschränken. Hinzu kommen "neue verbindliche Anforderungen an den Recycling-Gehalt und besondere Aufmerksamkeit für Mikroplastik". Verbraucher sollen nach Vorstellung Brüssels vor allem besser informiert werden.
Die Wiederverwertung von Textilien soll ebenfalls erhöht werden, denn die Recyclingquote liegt hier bisher nach Sinkevicius' Worten nur bei rund einem Prozent. Bei Essenslieferungen sollen Einmalverpackungen und Wegwerfbesteck ersetzt werden.
"Nicht Glühbirnen verkaufen, sondern Licht"
Das auf Wegwerfen bestehende lineare Wachstumsmodell habe mit dem Anwachsen der Weltbevölkerung seine Grenze erreicht, sagte Sinkevicius. Nun müsse umgedacht werden. "Die Händler sollten nicht Glühbirnen, sondern Licht verkaufen, nicht Waschmaschinen, sondern Waschladungen". Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte das kürzlich am Beispiel Waschmaschinen erläutert: Statt ein Gerät zu verkaufen, könnten Hersteller sich eine bestimmte Zahl von Waschzyklen vergelten lassen. Der Anreiz, ein Gerät von begrenzter Haltbarkeit zu bauen, fiele damit weg.
Die Kreislaufstrategie ist Teil des umfassenden Klimaschutzplans von der Leyens, der zu einer treibhausgasneutralen Wirtschaft führen soll. "Es ist nicht möglich, das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, ohne zu einer vollständig zirkulären Wirtschaft überzugehen", betonte die Kommission. Etwa die Hälfte aller Treibhausgase wird nach Angaben der Behörde durch den Abbau und die Verarbeitung neuer Rohstoffe freigesetzt. Heute kämen nur zwölf Prozent der genutzten Rohstoffe zurück in den Wirtschaftskreislauf.
Lob und Kritik
Der Verband Kommunaler Unternehmen, in dem auch Entsorger organisiert sind, lobte den Vorstoß der EU: "Die Initiative könnte ein Meilenstein für den Klima- und Ressourcenschutz in der EU werden." Entscheidend sei nun, dass die Pläne nicht verwässert würden.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnte hingegen vor einer Überforderung kleiner Unternehmen und forderte eine Umsetzung mit Augenmaß. Der Elektronik-Branchenverband Bitkom kritisiert unter anderem die Pläne für ein "Recht auf Reparatur". "Eine Verpflichtung, eine Vielfalt von Ersatzteilen für lange Jahre auf Vorrat zu produzieren und einzulagern, dürfte mehr Müll erzeugen als vermeiden", so der Verband. Außerdem könnten etwa Smartphones, die flach, leicht, leistungsfähig, wasser- und staubdicht sein sollten, nicht so konstruiert werden, dass jeder Nutzer sie einfach aufschrauben könne.