Brexit-Votum nicht zugelassen Bercow durchkreuzt Johnsons Plan
Parlamentssprecher Bercow hat ein Votum über das Brexit-Abkommen mit der EU vorerst verboten - und Premier Johnson damit eine weitere Schlappe beigebracht. Doch der hat bereits einen Plan B. Von Marion Theis.
Parlamentssprecher Bercow hat ein Votum über das Brexit-Abkommen mit der EU vorerst verboten - und Premier Johnson damit eine weitere Schlappe beigebracht. Doch der hat bereits einen Plan B.
Fast eine Stunde lang debattierte das britische Parlament vor halbleeren Abgeordnetenbänken über Verteidigungsfragen - als ob es nicht dringendere Probleme zu lösen gäbe. Der Brexit stand erst danach auf der Tagesordnung. Pünktlich um 15:30 Uhr war das Haus wieder fast vollbesetzt, und Sprecher John Bercow konnte das weitere Prozedere verkünden.
Es werde nicht noch einmal über den Brexit-Vertrag mit der EU abgestimmt: "Der Antrag von heute ist im Wesentlichen der gleiche wie der vom Samstag. Und das Parlament hat darüber entschieden. Die Umstände von heute sind im Wesentlichen die gleichen wie am Samstag. Ich entscheide deshalb, dass der Antrag heute nicht debattiert wird, denn es wäre eine Wiederholung und damit ordnungswidrig."
Konservative unzufrieden
Das ist ein weiterer Rückschlag für die Regierung von Premier Boris Johnson, die den Brexit unbedingt bis Ende des Monats durchziehen will. Der Konservative Abgeordnete Peter Bone wollte diesen Beschluss dann auch nicht einfach ohne Widerspruch hinnehmen. "Ich kann der Logik Ihrer Argumente komplett folgen. Aber welches Gewicht haben Sie der Tatsache zugesprochen, dass, als wir am Samstag debattiert haben, keiner wusste, ob der Premierminister einen Brief mit der Bitte um Verlängerung der Austrittsfrist nach Brüssel schreiben würde, oder nicht?"
Das habe doch die Lage komplett verändert, meinte der Konservative Bone. Das Parlament müsse jetzt unbedingt neu entscheiden.
Opposition spottet
Wie erwartet ließ der Sprecher das nicht gelten. Zur Erheiterung der Opposition. Die forderte erneut, den Bürgern eine Stimme zu geben, in einem weiteren Referendum. Und wollte im Detail wissen, wie es denn jetzt weitergehe: "Könnten wir eine Klarstellung bekommen, gerne schriftlich, morgen, dass, wenn Zusatzanträge eingebracht werden in den nächsten Tagen oder Wochen, nur solche behandelt werden, die dazu beitragen, den Deal abzusichern oder ein zweites Referendum durchzuführen?"
Gesetzespaket statt Brexit-Deal
Premierminister Johnson, der sich die Debatte heute ersparte, muss sich jetzt einen Plan B, C oder D überlegen. Er hatte bereits angekündigt, dass er heute oder spätestens Dienstag die nötigen Gesetze einbringen will, um den Brexit-Plan mit der EU in nationales Recht umzusetzen. Möglicherweise könnte das Parlament dann schon am Dienstag darüber abstimmen. Anschließend hätte die Regierung erneut die Chance, den Abgeordneten den Deal mit der EU vorzulegen.
Gericht hält sich Urteil zu Johnson offen
So unklar, wie der weitere Ablauf beim Brexit im Parlament noch ist, so uneindeutig war heute die Aussage eines schottischen Gerichts. Es sollte entscheiden, ob es rechtmäßig war, dass Boris Johnson am Samstag die EU in einem Brief um einen dreimonatigen Brexit-Aufschub gebeten hatte, ohne persönlich zu unterschreiben. Die Richter wollten sich nicht festlegen. Man werde beobachten, wie die Regierung sich weiter verhalte.
Das EU-Parlament erklärte, man wolle nicht über das ausgehandelte Brexit-Abkommen abstimmen, bevor eine Entscheidung aus London vorliegt. "Das EU-Parlament wird das Abkommen erst ratifizieren, wenn die Ratifizierung im Vereinigten Königreich abgeschlossen ist", sagte ein Parlamentssprecher in Straßburg mit Verweis auf eine entsprechende Entschließung vom September.
Dass Premier Johnson den Brief, in dem er um eine Verlängerung der Austrittsfrist bittet, nicht unterschrieben hatte, spielt für die EU keine Rolle: Sie sieht den Antrag auch ohne Unterschrift als gültig an, wie eine EU-Kommissionssprecherin sagte.