Londons Vorbereitungen auf No Deal Kaum Zölle und keine Kontrollen
Vor der Abstimmung heute über einen ungeregelten Brexit hat die britische Regierung ihre Pläne dafür vorgestellt: Keine Zölle auf die meisten Importgüter und keine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland.
Nach der erneuten Ablehnung des EU-Ausstiegsvertrags im britischen Parlament hat die Regierung in London Maßnahmen für den Fall eines ungeregelten Brexit vorgelegt. Demnach sollen Importzölle für zahlreiche Waren gestrichen sowie eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland vermieden werden. Die Maßnahmen sollen bis zu einer endgültigen Regelung zeitlich befristet sein, teilte die Regierung mit.
Es wird allerdings erwartet, dass die Mehrheit der Abgeordneten sich bei der im Laufe des Tages anstehenden Abstimmung gegen einen EU-Austritt ohne Abkommen aussprechen werden. Für diesen Fall steht morgen ein Antrag auf Verschiebung des für den 29. März vorgesehenen Ausstiegs Großbritanniens aus der EU zur Entscheidung an. Dem müsste aber auch noch die EU zustimmen.
87 Prozent aller Importe sollen zollfrei werden
Der nun für einen harten Brexit ohne Vertrag vorgelegte Plan sieht vor, dass weiterhin 82 Prozent aller Importe aus der EU ohne Zölle nach Großbritannien eingeführt werden können. Zugleich sollen mehr Waren, die aus anderen Teilen der Welt auf die Insel geliefert werden, von Zöllen befreit werden.
Unter dem Strich soll dadurch der Anteil der zollbefreiten Importe von derzeit 80 auf 87 Prozent steigen. Damit sollen die Auswirkungen von befürchteten Preissteigerungen nach einem No-Deal-Brexit für die britischen Verbraucher abgefangen werden.
Keine Kontrollen an irisch-nordirischer Grenze
Zugleich sehen die nun vorgelegten Regierungspläne vor, an der Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Staat Irland keine neuen Kontrollen einführen zu wollen. Auch Warenlieferungen sollen an dieser Grenze nicht überprüft werden.
Diese Maßnahmen sollen allerdings nur für eine befristete Zeit gelten, bis sich Großbritannien mit der EU-Kommission und der irischen Regierung auf eine dauerhafte Regelung zur Vermeidung einer "harten Grenze" verständigt hat.
Johnson erwartet Einigung in letzter Minute
Obwohl nun nur noch Abstimmungen über einen No Deal und eine Verschiebung angesetzt sind, ist weiterhin auch ein geordneter Austritt zum vorgesehen Termin möglich. Genau das erwartet der frühere britische Außenminister Boris Johnson. Er rechne damit, dass es "fünf Minuten vor Mitternacht" doch noch einen Brexit-Deal geben werde und das Land wie geplant am 29. März aus der EU ausscheide, sagte Johnson dem Sender LBC.
Brexit-Minister Stephen Barclay hält es für ein größeres Risiko, die EU nicht zu verlassen, als ohne ein Abkommen aus der Staatengemeinschaft auszutreten. Ein "No Deal" werde ein großer Störfaktor für die Wirtschaft. Aber nicht aus der EU auszuscheiden "wäre katastrophal für unsere Demokratie". Beides sei "sehr unangenehm". Aber in der der EU zu verbleiben wäre wohl das größere Risiko, sagt Barclay der BBC.
Premierministerin May warnte, dass eine Verschiebung keine Probleme löse.
May wirbt für geordneten Austritt
Gestern Abend hatte Premierministerin Theresa May erneut eine krachende Niederlage erlitten und das Votum über den mit der EU ausgehandelten Brexit-Vertrag mit 391 gegen 242 Stimmen verloren. May sagte, sie wolle sich weiterhin dafür einsetzen, dass das Ergebnis des Brexit-Referendums umgesetzt wird. Sie selbst glaube, der beste Weg, aus der EU auszutreten, sei auf geordnete Weise.
"Wenn das Unterhaus für eine Verschiebung des Brexit stimmt, dann werden wir den entsprechenden Antrag dafür stellen und die rechtliche Grundlage dafür schaffen", kündigte die Premierministerin an.
Keine Alternative ist mehrheitsfähig
May warnte zugleich davor, dass ein Votum für eine Verlängerung bei gleichzeitiger Ablehnung des Abkommens keine Probleme löse. "Die EU wird wissen wollen, was wir mit der Verlängerung machen wollen, und diese Frage müssen wir beantworten: Wollen sie ein zweites Referendum oder wollen sie die EU mit einem Deal, aber nicht mit diesem Deal, verlassen."
Das Problem: Die einzelnen Splittergruppen bei Labour und bei den Tories wissen genau, was sie wollen. Nur mehrheitsfähig ist bislang keine der Alternativen.