Großbritannien hat EU verlassen Die Briten sind raus
Die EU ist um einen Mitgliedsstaat ärmer: Pünktlich um Mitternacht mitteleuropäischer Zeit hat Großbritannien die Europäische Union verlassen. Premier Boris Johnson versprach, den Brexit zu einem "unfassbaren Erfolg" zu machen.
Die EU ist um einen Mitgliedsstaat ärmer: Pünktlich um Mitternacht mitteleuropäischer Zeit hat Großbritannien die Europäische Union verlassen. Premier Boris Johnson versprach, den Brexit zu einem "unfassbaren Erfolg" zu machen.
Kein Feuerwerk, kein Pomp, keine Ansprachen: Pünktlich um Mitternacht hat Großbritannien die Europäische Union verlassen. Die offiziellen Feierlichkeiten für den historischen Moment wurden betont schlank gehalten. Eine Projektion des Uhrturms des Parlaments läutete zum Abschied - aber nur vom Band. Der Uhrturm des Parlaments in London wird derzeit restauriert.
Tausende Menschen schwenkten den Union Jack, sangen die britische Nationalhymne, ließen Luftballons in den Nachthimmel steigen und fielen sich in die Arme.
Auch der Chef der Brexit-Partei, Nigel Farage, feierte vor dem Parlament. Er nannte den Austritt aus der europäischen Staatengemeinschaft nach 47 Jahren den "wichtigsten Moment der modernen Geschichte" Großbritanniens.
Mahnwachen mit Kerzenschein
Die EU-Abgeordneten der Brexit-Partei hatten schon am Freitagmorgen ihren "Brexodus" aus Brüssel begangen: "Heute ist der Tag, an dem Großbritannien nach mehr als 40 Jahren wieder frei wird", sagte die Abgeordnete Ann Widdecombe.
Doch nicht überall im Land herrschte Jubelstimmung. Brexit-Gegner, darunter zahlreiche in Großbritannien lebende EU-Bürger, hielten mit Kerzen Mahnwachen ab.
Johnson verspricht goldene Zeiten
Kurz vor dem offiziellen Austritt Großbritanniens aus der EU versprach Premierminister Boris Johnson seinen Bürgern einen Neuanfang. "Für viele ist dies ein erstaunlicher Moment der Hoffnung, von dem sie dachten, dass er niemals käme", sagte er in der per Videobotschaft verbreiteten Rede. Andere fühlten angesichts des EU-Austritts Unsicherheit und Verlust - und dann gebe es einen Teil der Gesellschaft, "vielleicht der größte", der sich Sorgen machte, dass das mit dem Brexit verbundene Ringen nie zu einem Ende komme. "Ich kann all diese Empfindungen verstehen", sagte Johnson - seine Aufgabe sei es nun, das Land zu einen und voranzubringen.
Der Brexit sei kein Ende, sondern ein Anfang: "Dies ist der Moment, in dem der Morgen anbricht und der Vorhang für einen neuen Akt unseres nationalen Theaterstücks aufgeht", sagte er. "Es ist ein potenzieller Moment der echten nationalen Erneuerung und des Wandels."
Johnson stellte bessere Verbrechensbekämpfung, Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitssystem sowie einen Ausbau der Infrastruktur in Aussicht. "In unserer Diplomatie, unserem Kampf gegen den Klimawandel, den Kampagnen für Menschenrechte und Bildung für Mädchen und Frauen oder Freihandel werden wir Muskeln wiederentdecken, die wir jahrzehntelang nicht benutzt haben." Darin liege "die Kraft des unabhängigen Denkens und Handelns".
"Friedliche Kooperation" mit der EU
Der britische Premier äußerte sich in seiner Ansprache auch zum künftigen Verhältnis zur Europäischen Union: Der Brexit solle "eine neue Ära der friedlichen Kooperation zwischen der EU und einem energetischen Großbritannien" einläuten.
Johnson kündigte an, bereits am Montag in einer weiteren Rede seine Verhandlungsziele für die anstehenden Gespräche über die zukünftige Beziehung zur EU vorzustellen. Einem Bericht des "Daily Telegraph" zufolge zielt er darauf ab, Großbritannien von EU-Regeln zu lösen - auch wenn er dafür Handelsschranken wie Zölle in Kauf nehmen muss.
Einem Regierungssprecher zufolge will Johnson hingegen ein Freihandelsabkommen mit der EU nach dem Vorbild Kanadas aushandeln - entsprechende Pläne habe er bei einer Sondersitzung des Kabinetts am Freitag vorgestellt.
Flaggen-Diplomatie in Brüssel
Vom EU-Ratsgebäude und den EU-Parlamentssitzen in Brüssel und Straßburg wurde schon etliche Stunden vor dem Brexit die Flagge des Vereinigten Königreichs eingeholt - die "britische Mission in Brüssel", wie sich die bisherige Vertretung Londons bezeichnet, holte ihrerseits die EU-Flagge ein. Am Sitz der schottischen Regierung in Brüssel wurde wiederum eigens die Europafahne gehisst.