Craft-Beer-Trend in Shanghai "Bier erfüllt meine Seele"
Auch in China wird Craft-Bier immer beliebter. In Shanghai gibt es viele hippe kleine Läden, die ungewöhnliche Biere verkaufen. Eine Gastronomin sticht dabei heraus: Zhang Yindi - die ungekrönte Bierkönigin der Stadt.
Von Markus Pfalzgraf, ARD-Studio Peking
Es ist noch nicht einmal Abend, aber der Laden der "Beer-Ayi", der Bier-Lady, ist schon gut gefüllt, mit Leuten aus der Nachbarschaft, Einheimischen und Ausländern. Gerade erst hat die Bier-Lady wieder expandiert und diese riesige neue Bar aufgemacht. Bestimmt 30 Tische in der Mitte, zahllose Kühlschränke an den Wänden, und neuerdings eine große Theke.
Zhang Yindi ist sehr beschäftigt. An mehreren Tischen warten Geschäftskunden, die mit ihr zusammenarbeiten wollen. Die 54-Jährige trägt eine weite schwarze Markenbluse. Vor wenigen Jahren noch hatte sie einen kleinen Lebensmittelladen an der Ecke und schleppte Wasserkisten die Treppen ihrer Kunden hinauf.
"Ich hatte einen kleinen Laden, aber dann wurde Online-Shopping bedeutender", sagt sie. "Chinesen machen alle normalen Einkäufe im Internet. Da wurde mir klar: Das kann so nicht weitergehen. Deswegen fing ich an, ausländisches Craft-Beer zu verkaufen."
In Zhang Yindis neuem Bierladen treffen sich Einheimische und Touristen.
Schon 3000 Sorten im Angebot
Zhang Yindi hatte erst eine Art Kiosk, dann wurde ihr Bierverkauf immer größer. Sie mietete die Läden nebenan noch dazu - und jetzt also die neue Adresse. Das Kiosk-mit-Neonröhren-Gefühl ist weg, es sieht edler aus, mit dunklem Holz und dezenter Beleuchtung. Dort hat die "Beer Lady" aufgestockt auf 3000 Sorten. "Ich importiere mittlere, aber auch hochklassige Marken", erzählt sie. "Ich probiere jede einzelne Sorte. Ich liebe sie alle!"
Das schätzen chinesische und ausländische Kunden, die Bier entdecken wollen. Zwei US-Amerikaner betreten den Laden und sind überwältigt. "Man kommt rein und es ist der eindrucksvollste Bier-Laden, in dem ich jemals war", sagt einer.
Josh arbeitet seit mehreren Jahren hier. Er nimmt ein hochprozentiges, süßliches Bier. Sein Kollege Ryan trinkt ein Weizen: "Ich mag Weißbier, vor allem wenn ich Hunger habe, es füllt. Wenn ich was Leichtes will, nehme ich normalerweise ein Lager."
Ihr Lieblingsbier: Weißbier aus Traunstein
Aber es muss nicht immer etwas Ausgefallenes sein. Der Maschinenbauer Mert aus der Nähe von Stuttgart arbeitet nebenan und trinkt ein japanisches Bier. Nach ihrem eigenen Lieblingsbier gefragt, holt Zhang Yindi gleich eine Flasche und schenkt ein: ein Weißbier aus Traunstein. Sie liebe deutsches Bier, sagt sie: "Dieses hier hat eine leichte Note von Orange, und der Weizen-Geschmack ist wirklich toll."
Zhang Yindi schwärmt und nippt, dann leert sie das Glas in einem Zug - um direkt weitere Flaschen aufzutischen: ein hopfiges Ale aus Großbritannien, ein leichteres Weißbier und ein schweres Tripel-Abteibier aus Belgien.
"Ich baue hier ein Königreich des Bieres. Bier erfüllt meine Seele." Sagt sie, trinkt wieder ihr Glas leer und geht zum nächsten wartenden Geschäftsmann, der sein Bier bei ihr verkaufen will.