Frankreich Heikle Rettungsaktion für verirrten Belugawal
Seit Freitag sitzt ein verirrter Belugawal in einer Schleuse des Flusses Seine fest. Im warmen Süßwasser kann er laut Experten nicht mehr lange überleben - die französischen Behörden planen daher eine aufwendige und riskante Rettungsaktion.
Die französischen Behörden bereiten eine schwierige Rettungsaktion für einen Belugawal vor, der sich in die Seine verirrt hat und seit Tagen in einer Schleuse des französischen Flusses festsitzt. Wie die Präfektur des Departements Eure in der Normandie mitteilte, soll am Abend ein Versuch unternommen werden, den Wal aus dem Fluss zu ziehen. Er soll dann mit einem Lastwagen zu einem Salzwasser-Becken gebracht werden.
Rund 60 Wissenschaftler und Tierschützer sind dabei, wenn der vier Meter lange und etwa 800 Kilo schwere Belugawal per Kran aus dem Süßwasser der Seine-Schleuse in einen Frachtkahn gehoben wird. Dann geht es für ihn auf einen Kühllaster, wo er in einer Transportbox mit nassen Laken unter Aufsicht von Tierärzten ständig feucht gehalten wird. "Wir wollen ihn dann erst mal einige Tage in ein Becken mit Salzwasser hieven, um medizinische Tests zu machen, die in der Schleuse nicht möglich waren", sagt die Vizepräfektin in Evreux, Isabelle Dorliat-Pouzet. "Danach wollen wir ihn im Meer, auf offener See aussetzen."
Der Weißwal war am Dienstag vergangener Woche erstmals in der Seine gesichtet worden. Seit Freitag sitzt er in der Schleuse in Saint-Pierre-La-Garenne rund 70 Kilometer vor Paris fest - 130 Kilometer von der Seine-Mündung am Ärmelkanal entfernt. Experten zufolge kann das Tier in dem warmen Süßwasser nicht viel länger überleben. Normalerweise leben Belugawale in arktischen Gewässern vor den Küsten Russlands, Alaskas und Kanadas.
In dieser Schleuse sitzt der Belugawal seit Freitag fest - Versuche, das Tier zu füttern, waren in den vergangenen Tagen erfolglos geblieben.
Tier verweigert Nahrung
Zuvor hatte man eine solche Rettungsaktion eher ausgeschlossen, weil der Wal dafür zu schwach erschien. Experten rieten zuletzt aber dazu, den Transport zu wagen. Der abgemagerte Beluga frisst nicht, sein Appetitmangel könnte Anzeichen einer Krankheit sein. Er konnte aber mit Vitaminen und Antibiotika versorgt werden.
"Er dreht jetzt wieder den Kopf, was er bislang nicht getan hat, und das war kein gutes Zeichen", sagt Vizepräfektin Dorliat-Pouzet. "Und seine Hautflecken sind kleiner geworden." Blutabnahme, Kontrolle der Atemluft - vielleicht weiß man nach der Aktion, warum der Wal nicht frisst und ob man ihm helfen kann.
Das Interesse und die Spendenbereitschaft in Frankreich sind riesig. Unter anderem die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd hat Spenden für die Rettungsaktion gesammelt. Benötigt werden demnach vor allem Seile, Netze und Matratzen.
"Wir haben keine andere Option"
Der Plan ist aber alles andere als einfach: "Es war sehr schwierig, diese enorme Logistik zu organisieren", erklärt die Präsidentin von Sea Shephert Frankreich, Lamya Essemlali. "Sie stellt auch ein Risiko dar, denn das ist Stress für den Beluga. Es geht ihm zwar besser, aber er ist auch sehr geschwächt. Wir warten, bis sich dieser heiße Tag abkühlt. Wir haben keine andere Option."
Bei Transporten von Delphinen gebe es eine hohe Todesrate, warnt die Tierschützerin. Sie hat den Belugawal mit ihrem Team rund um die Uhr auf seinem Weg die Seine flussaufwärts begleitet und die Präfektur gebeten, die Schleuse zu schließen und mit frischem Wasser aufzufüllen. Das Tier dankt es inzwischen: Es ist munter, neugierig und hat wieder Jagdinstinkt.
Zweiter Belugawal in Frankreich
Experten zufolge ist es erst das zweite Mal, dass sich ein Belugawal nach Frankreich verirrt hat. Beim ersten Mal hatte ein Fischer im Jahr 1948 in der Loire-Mündung einen Wal in seinen Netzen entdeckt.
In die Seine hatten sich zuvor bereits andere große Wale verirrt: Im Mai verhungerte ein Orca nach wochenlanger Odyssee in dem Fluss, im Juli wurde mutmaßlich ein Finnwal in der Flussmündung bei Le Havre gesichtet.