Zweite Amtszeit für EU-Kommissionschef Barroso "Wir erwarten, dass er die Versprechen einlöst"
Das Europaparlament hat Barroso als Präsident der EU-Kommission bestätigt. Jetzt muss der konservative Portugiese zeigen, ob er seine zahlreichen Wahlversprechen auch einlösen kann. Grüne und linke Parteien zweifeln schon jetzt daran, die Sozialisten sprechen von einer "Fehlbesetzung".
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in seinem Amt bestätigt. 382 Abgeordnete stimmten für den Portugiesen und machten damit den Weg für eine zweite Amtszeit Barrosos frei. Es gab 219 Gegenstimmen und 117 Enthaltungen. Zuvor hatte der noch amtierende Kommissionspräsident sein Arbeitsprogramm für die nächsten fünf Jahre im Europaparlament vorgestellt und für ein soziales und ökologisches Europa geworben. Er versprach auch die Einrichtung neuer Kommissarsposten, unter anderem für Justiz, Grundrechte und bürgerliche Freiheiten sowie Klimaschutz.
Nach der Wahl bedankte sich Barroso für das Vertrauen der Parlamentarier. Dies sehe er als Signal, "dass das Parlament mein ehrgeiziges Programm für Europa mitträgt". Er kündigte an, "mit allen politischen Gruppierungen" arbeiten zu wollen, die sich für ein stärkeres "Europa der Solidarität und Freiheit" einsetzen. Das europäische Einigungswerk müsse fortgeführt werden.
Konservative und Liberale fordern Wahlversprechen ein
Die Union begrüßte die Wiederwahl von Barroso als "logische Konsequenz" aus dem Wahlsieg der Europäischen Volkspartei bei der Europawahl. "Damit ist die Handlungsfähigkeit der Kommission fugenlos sichergestellt", sagte EVP-Vizepräsident Peter Hintze (CDU). Die CDU/CSU ist Teil der Europäischen Volkspartei (EVP). Der CSU-Abgeordnete Markus Ferber sagte, es sei gut, dass nun klar sei, wer für und wer gegen Barrroso ist. Er hoffe, "dass Herr Barroso nun auch weiß, wo seine Freunde sitzen, und wo diejenigen sind, die ihn nicht unterstützen".
"Wir erwarten von ihm, dass er seine Versprechungen einlöst - daran messen wir ihn jetzt", sagte die FDP-Abgeordnete Silvana Koch-Mehrin. Den Liberalen hatte Barroso versprochen, dass es in der neuen EU-Kommission einen Kommissar für Bürgerrechte geben werde, außerdem will er sich für eine bessere Finanzmarktaufsicht stark machen.
Heftige Kritik von Linken und Grünen
Die Sozialdemokraten im Europaparlament zeigten sich enttäuscht über die Wiederwahl. Der Portugiese sei "eine Fehlbesetzung", sagte der Fraktionsvorsitzende Martin Schulz. Es sei ein "Armutszeugnis", dass der Kommissionspräsident auch auf der Basis der Stimmen von Euroskeptikern gewählt sei. "Ich erwarte nichts von ihm", sagte Schulz.
Heftige Kritik an Barroso hatten auch die Grünen geäußert. "Wir denken, wir verdienen jemand Besseren als Sie", sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Daniel Cohn-Bendit. Er habe allen was versprochen - sowohl den Regierungen als auch dem Parlament.
Monatelanger Streit
Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU hatten Barroso bereits im Juli für den Posten nominiert, das Parlament musste die Entscheidung noch bestätigen. Ursprünglich sollte die Abstimmung darüber bereits während der Parlamentssitzung im Juli stattfinden. Da eine Wiederwahl aufgrund der Vorbehalte von Sozialisten und Grünen jedoch als nicht gesichert galt, wurde die Wahl verschoben.
Barroso wird von der Europäische Volkspartei unterstützt, der er selbst auch angehört. Sie stellt die größte Fraktion des Europaparlaments. Die neue konservative EU-kritische Fraktion unterstützt ihn ebenfalls.