WikiLeaks-Gründer Assange auf dem Weg in Richtung US-Außengebiet
Nach einem Zwischenstopp in Bangkok ist WikiLeaks-Gründer Assange offenbar nun auf dem Weg zur US-Pazifikinsel Saipan. Dort will sich der 52-Jährige vor Gericht schuldig bekennen - ein Deal, der für ihn die Freiheit bedeuten wird.
Das Flugzeug, in dem laut WikiLeaks der aus britischer Haft entlassene Julian Assange sitzt, ist nach einem mehrstündigen Zwischenstopp in Bangkok in Richtung Westpazifik gestartet. Die Chartermaschine vom Typ Bombardier fliegt von Thailands Hauptstadt zur Insel Saipan, die zu den Nördlichen Marianen gehört und ein Außengebiet der USA ist.
Das Flugzeug wird den Angaben zufolge am frühen Morgen (Ortszeit) erwartet. In dem US-Außengebiet soll der Australier am Mittwoch vor Gericht erscheinen.
Schuldbekenntnis statt Auslieferung
In einem Brief des US-Justizministeriums heißt es, es werde erwartet, dass sich der Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks bei dem Gerichtstermin dort der Verschwörung zur unrechtmäßigen Beschaffung und Verbreitung von geheimen Unterlagen schuldig bekennen werde. Die Anhörung soll auf Saipan, der größten Insel der Nördlichen Marianen, stattfinden, da Assange eine Reise auf das Festland der USA ablehnt.
Assange soll zu gut fünf Jahren Haft verurteilt werden, heißt es nach übereinstimmenden Berichten. Das entspricht der Zeitspanne, die der Whistleblower in London bereits in einem Hochsicherheitsgefängnis saß. Im Anschluss soll der 52-Jährige voraussichtlich in seine australische Heimat reisen. Das geht aus US-Gerichtsdokumenten hervor. Im Rahmen dieses Deals bleibt Assange eine weitere Haft in den USA erspart, die bisher seine Auslieferung verlangt hatten.
Abflug aus London zunächst geheim
Dass ein solcher Deal den Schlusspunkt unter den Fall Assange setzen würde, war seit einigen Monaten spekuliert worden. Der Zeitpunkt kommt dennoch überraschend. Unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde Assange am Montag aus dem Gefängnis Belmarsh in London entlassen und zum Flughafen Stansted gebracht. Der Australier saß seit 2019 in Belmarsh ein.
Ein Video, das WikiLeaks in der Nacht zum Dienstag veröffentlichte, zeigt, wie der Australier in Hemd und Jeans, eine Brille ins Haar geschoben, den Jet in London bestieg. Der 52-Jährige flog mit dem gecharterten Flugzeug zunächst nach Bangkok, wo ein Zwischenstopp zum Tanken eingelegt wurde.
175 Jahre Haft hätten Assange gedroht
Assange wird in den USA beschuldigt, ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA auf seiner Plattform WikiLeaks veröffentlicht zu haben. Die Papiere enthielten brisante Informationen über die Kriege im Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen durch US-Militärangehörige.
Die USA werfen Assange vor, damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Assanges Unterstützer sehen in ihm einen Helden, der für die freie Meinungsäußerung eintritt und dadurch ins Visier der US-Justiz geraten ist. Bei einer Verurteilung ohne eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft müsste Assange wegen Spionage mit bis zu 175 Jahre Haft rechnen.