Thailand Corona facht den Protest wieder an
Infektionszahlen auf immer neuen Rekordhöhen und eine stockende Impfkampagne - auch deshalb nimmt die Protestbewegung unter Thailands Jugend wieder Fahrt auf. Und die Konfrontation auf der Straße wird gewalttätiger.
Es hört sich an wie Krieg: Die Polizei feuert Tränengas und Gummigeschosse, zielt mit Wasserwerfern auf Demonstranten, Hundertschaften hinter Schutzschilden treiben die Protestierenden durch die Straßen Bangkoks. Sie demonstriere, um ihr "Recht auf eine Impfung und eine bessere Lebensqualität einzufordern!", sagt eine 16-Jährige gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Demonstranten werfen Feuerwerkskörper, Rauchbomben, Brandsätze - laut Polizei wurde ein Beamter durch einen Molotow-Cocktail verletzt. Die Polizei setzt ihrerseits Tränengas und Gummigeschosse ein, berichten Demonstranten. Auf beiden Seiten nimmt die Gewalt zu. Aber, sagt einer von ihnen, auch wenn der Protest gewalttätig sei, so nehme er dennoch daran teil - "um für eine bessere Zukunft zu kämpfen, auch wenn es keine Hoffnung gibt".
Der Protest gegen das Regime ist wieder auf der Straße, und die Auseinandersetzungen - wie hier in Bangkok - werden brutaler.
Die Aussichten sind düster
Es sieht finster aus für Thailand, besonders in Bangkok und den umliegenden Provinzen, wo es jetzt wieder einen Lockdown gibt, sagt Thitinan Pongsudhirak, Experte für internationale Sicherheit an der Chulanlongkorn Universität in Bangkok. Das Coronavirus sei "mit voller Kraft" zurück, verstärkt durch die Delta-Variante. Die Infektionszahlen sind fünstellig, und das werde "noch ewig" so weitergehen, befürchtet Pongsudhirak.
Zudem sei die Impfsituation "sehr unklar" - Thailand habe zu wenig Impfstoff und zu wenig Impfstoffsorten besorgt, und das erschwere die Bekämpfung des Virus. Pongsudhirak spricht von einem "dreifachen Schlag" und stellt fest, das übertrage sich auf das Leben der Menschen: "Sie sind aufgebracht und protestieren gegen die Politik; die Wirtschaft ist am Boden, erst recht durch den erneuten Lockdown."
Krankenhäuser sind an der Belastungsgrenze, Hilfe muss oft selbst organisiert werden, am Dienstag starben 235 Menschen - ein trauriger Rekord, am Mittwoch melden die Behörden 207 Tote und 21.000 neue Covid-19-Infektionen.
Zahlreiche Verhaftungen
Schon an den vergangenen Wochenenden hatte es Proteste gegeben. Und vor einem für Dienstag angekündigten Autokonvoi ließ die Polizei zahlreiche Anführer der Protestbewegung gegen Regierung und König vorsichtshalber festnehmen.
Doch ganz verhindern ließ sich die Demonstration nicht, denn viele Thailänder sind wütend auf die Regierung: Erst sechs Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft. Und während der Rest des Landes im Schnitt mit 20.000 neuen Fällen zu kämpfen hat, gibt es in der so genannten Sandbox auf der Urlaubsinsel Phuket gerade einmal 35.
Was Phuket unterscheidet
Hier dürfen voll geimpfte Touristen ohne Quarantäne einreisen, und der Betreiber einer Hotelkette betont, es sei wichtig, dass Europa sehe, dass Phuket "nicht wie der Rest von Thailand" ist - auch wenn andere Teile des Landes "im tiefroten Bereich" seien, sei Phuket "eine grüne sichere Zone".
Das klingt nach einem geradezu verzweifelten Appell an alle Reisenden, denn bisher ist die Zahl der Sandbox-Touristen bei gerade einmal einem Prozent der früheren Besucherzahlen gelandet. Für ein Land, dessen Wirtschaft zu einem Fünftel am Tourismus hängt, keine guten Aussichten.