China schließt Militärmanöver ab Sorgen in Taiwan nach Machtdemonstration
Auch nach dem Ende des chinesischen Militärmanövers vor Taiwan sind weiter Kriegsschiffe und -flugzeuge in der Region aktiv. Die Hoffnung auf eine baldige Lösung des Konflikts schwindet.
Huang Wen-Nan ist Urlauber im eigenen Land. Mit seiner Frau posiert der 58-Jährige vor Raketenwerfern der Landesverteidigung Taiwans. "Wir sind an so etwas gewöhnt", erzählt er unbeeindruckt. "Das ist keine große Sache, das kennen wir doch schon seit vielen Jahren. China war immer so. Wir sind nervös, aber nicht besorgt. Was getan werden muss, muss jetzt getan werden."
In den Ministerien in Taipeh, Taiwans Hauptstadt, ist die Stimmung weniger entspannt. Auch wenn China das provokante Militärmanöver offiziell beendet habe, bleibe man vorbereitet und achte genau auf die Bewegungen der chinesischen Marine, vor allem auf den Flugzeugträger "Shandong", teilt das Verteidigungsministerium in Taipeh mit.
"Ein vollkommen unverantwortliches Verhalten"
China hatte zuvor das dreitägige Manöver abgeschlossen, erfolgreich, wie es in Peking hieß. Man habe die militärischen Fähigkeiten verschiedener Einheiten unter Kampfbedingungen getestet. Geübt wurde die Einkesselung und Abriegelung Taiwans, Angriffe auf Landziele wurden simuliert, scharfe Munition eingesetzt - die Drohgebärde war mehr als deutlich. Ein vollkommen unverantwortliches Verhalten, postete Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen in der Nacht auf ihrer Facebook-Seite.
Benjamin Ho, China-Experte an der Nanyang-Universität in Singapur, sagt: "Natürlich beansprucht Taiwan das Recht, internationale Beziehungen mit Partnern weltweit einzugehen." Die Volksrepublik habe da nicht mitzubestimmen. Aus chinesischer Sicht jedoch verletzten solche Beziehungen und Treffen wie das in Los Angeles die chinesische Souveränität über Taiwan. Also müsse China reagieren, so Ho, militärisch und ökonomisch, um klarzumachen, dass es diese Treffen ablehne.
Überschreiten von inoffiziellen Grenzen
Taiwans Präsidentin hatte in der vergangenen Woche Kevin McCarthy, den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, in Los Angeles getroffen. China hatte scharf protestiert. Das Manöver gilt als direkte Reaktion auf dieses Treffen, obwohl es, so der China-Experte, sicher länger vorbereitet war.
Die Volksrepublik hat mit dem Manöver bisher eingehaltene Grenzen verschoben. Buchstäblich, überflogen nach Angaben Taiwans immer wieder chinesische Kampfjets und Bomber die sogenannte Mittellinie der Taiwan-Straße, die bisher inoffizielle, aber respektierte Grenze zwischen China und Taiwan. China-Experte Benjamin Ho ist daher nicht sehr optimistisch, was eine baldige Lösung des Konfliktes angeht.
Hoffen auf eine diplomatische Lösung
Liu We Zhan, die einen Gemüseladen in Taipeh betreibt, will dagegen an die Kraft der Diplomatie glauben: "Das ist am Ende nicht unsere Sache, diese politischen Konflikte zwischen zwei Staaten müssen auf diplomatischer Ebene verhandelt werden. Aber natürlich wünschen wir uns Frieden auf beiden Seiten."
Bei Gesprächen über chinesisch-japanische Gebietsansprüche im ostchinesischen Meer hatten gestern auch Regierungsvertreter in Tokio ihre große Sorge über eine weitere Eskalation in der Taiwan-Straße ausgedrückt, einer international äußerst wichtigen Schifffahrtsstraße.